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kabinenpredigtAm Boden

Am Samstag vor einer Woche war Hertha Tabellenführer. Verteidiger Malik Fathi sagte, er sei zwar euphorisch, aber er wolle am nächsten Tag wieder „auf dem Boden der Tatsachen“ sein. Am Dienstag verloren die Berliner überraschend gegen Rostock und Mannschaftskapitän Arne Friedrich meinte: „Wir sind jetzt auf dem Boden der Tatsachen angekommen.“

Diverse Presseorgane wähnten die Hertha aber erst nach ihrer 0:1-Niederlage am Freitag auf Schalke „am Boden der Tatsachen angelangt“. Ja, diese Redewendung vom faktenhaltigen Grund erfreut sich in der Fußballbranche größter Beliebtheit. Doch was bedeuten diese Bodenstandsmeldungen? Gehören Niederlagen zur Realität von Hertha und Erfolge zum Reich der Träume? Oder liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen? Kann der Club durch weitere Niederlagen auch noch den Boden der Tatsachen unter den Füßen verlieren?

Es ist derzeit schwierig, das Potenzial von Hertha einzuschätzen. Vor der Saison haben die meisten dem Team allenfalls graues Mittelmaß zugetraut. Die Prognose des bodenständigen Friedrichs: „Es wird eine lange und steinige Saison“, klang nach entsetzlicher Langeweile. Und auch die Bemerkung des neuen Trainers Lucien Favre, er lege seine Arbeit grundsätzlich so an, als ob er zehn Jahre bliebe, versprach wenig Aufregendes. Die erbärmliche Leistung im ersten Pokalspiel gegen Unterhaching ließ in der Tat befürchten, dass die Geduld aller auf eine harte Probe gestellt würde. Doch anstatt Jahre dauerte es lediglich sechs Spieltage bis Hertha ganz oben in der Tabelle stand. Auch wenn das Glücksgefühl nur einen Tag anhielt, die Berliner überzeugten mit durchdachtem und schnellen Kombinationsfußball. Wenig später erlitten sie zwar wieder die erwarteten Rückschläge. Doch bislang sind die Hertha-Auftritte kurzweiliger und unterhaltsamer als gedacht.

Die Niederlage beim Champions-League-Teilnehmer Schalke darf man im Übrigen nicht als Rückschritt bewerten. Viel schlimmer traf die Berliner die Verletzung von Lucio. Diagnose: Kreuzbandriss und Patellasehnenanriss. Er wohl mindestens ein halbes Jahr fehlen. JOHANNES KOPP

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