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Archiv-Artikel

Nie, nie, nie mehr rote Zahlen

DRUCK Die EZB will keine Staatsanleihen mehr als Sicherheiten für Bankkredite akzeptieren. Ein schwerer Schlag für Athen

BRÜSSEL/FRANKFURT taz | Der griechische Finanzminister Janis Varoufakis wird sich nur ungern an seinen Antrittsbesuch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt erinnern. Denn nur wenige Stunden nachdem er sich breit lächelnd bei EZB-Präsident Mario Draghi vorgestellt hatte, drehte dieser den griechischen Banken den Geldhahn zu. Damit wird es für die von der Pleite bedrohten Finanzinstitute noch schwerer, sich über Wasser zu halten – ein schwerer Schlag für die neue Regierung in Athen.

Was war passiert? Auf den ersten Blick gar nichts, jedenfalls nichts Bedenkliches. Bereits am Vormittag hatte der neue griechische Premier Alexis Tsipras bei der EU in Brüssel vorgesprochen. Der Besuch verlief problemlos, nur EU-Ratspräsident Donald Tusk prognostizierte schwierige Verhandlungen. Dabei war Tsipras zuvor bereits von dem zunächst geforderten Schuldenschnitt abgerückt, den vor allem Deutschland vehement ablehnt.

Auch das Gespräch zwischen Draghi und Varoufakis schien unter einem guten Stern zu stehen. Der griechische Minister mit den Allüren eines Popstars gelobte nämlich, nie wieder rote Zahlen zu schreiben. „Nie, nie, nie!“, versprach er in einem Interview mit der Zeit. Allerdings bekräftigte er auch, Alternativen zu den Spar- und Reformvorgaben der EU und der EZB zu suchen. Was genau er Draghi sagte, ist nicht bekannt.

Doch der Wunsch nach einem Politikwechsel reichte schon als Vorwand. Es sei „derzeit nicht möglich“, einen „erfolgreichen Abschluss“ des laufenden Hilfsprogramms für Griechenland zu prognostizieren, teilte die EZB in einer spärlichen Pressemitteilung mit. Ab Mittwoch nächster Woche, 11. Februar, werde man daher keine Staatsanleihen mehr als Sicherheiten für Bankkredite akzeptieren. Das Datum ist pikant: Einen Tag später beginnt in Brüssel der EU-Gipfel.

Und auf diesem Gipfel dürften sie zum ersten Mal aufeinandertreffen, die großen Kontrahenten: Kanzlerin Angela Merkel und der neue griechische Premier Tsipras. Die EZB zieht also punktgenau die Daumenschrauben an. Bundesbankpräsident Jens Weidmann reicht dies immer noch nicht aus: Er möchte auch bei der Bewilligung von Notfall-Liquiditätshilfen (ELA) noch strengere Maßstäbe anlegen, sagte er der Börsen-Zeitung.

Doch genau diese Nothilfen wird die griechische Zentralbank wohl bald brauchen, um das Bankensystem flott zu halten. Die griechische Regierung sprach denn auch von Erpressung. Allerdings werde man sich nicht erpressen lassen, sagte Regierungssprecher Gavriil Sakellaridis. Die Regierung bleibe bei ihrem Kurs, die Banken seien sicher.

Allerdings sahen dies viele Anleger anders: An der Athener Börse gingen die Kurse in den Keller, und viele Griechen zogen Geld von ihren Konten ab. Schon geht die Angst vor einem Bank-Run um, also einer Panik, bei der alle Sparer gleichzeitig ihr Geld abziehen – und das Finanzsystem zusammenbricht. Immerhin scheint EZB-Chef Draghi zu versuchen, diesen Ernstfall zu verhindern. Er hob das Limit für Notkredite um ganze 60 Milliarden Euro an. Welchen Sinn hat dieses Hin und Her, das Griechenland im schlimmsten Fall doch noch aus dem Euro treiben könnte?

Offenbar verfolgen Draghi und Weidmann – genau wie Merkel – das Ziel, Griechenland auf die bisher verhängten Spardiktate zu verpflichten. Für Athen werde nun „die Luft enger“, so der grüne Finanzexperte Sven Giegold. Er gibt die Schuld vor allem Tsipras und Varoufakis, die „in der ersten Woche sehr viel Schaden angerichtet“ hätten.

Ganz anders sieht das sein linker Abgeordnetenkollege Fabio De Masi. „Die EZB versucht, ausgerechnet jene griechische Regierung zu erpressen, die als erste eine tragfähige Lösung für die griechischen Staatsschulden finden will“, sagte er. EZB-Chef Draghi habe sein Mandat überschritten, um „Druck auf eine ihr politisch unangenehme Regierung“ auszuüben. ERIC BONSE

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