: Ein Statement mit Folgen
Die Gleichstellungsbeauftragte von Treptow-Köpenick steht unter Beschuss: Wegen einer Wortmeldung auf einem NPD-Treffen fordern Bezirkspolitiker ihre Versetzung
Wie umgehen mit Rechtsextremen in Parlamenten? Darüber wird in Treptow-Köpenick zurzeit heftig gestritten. Der Anlass liegt einige Wochen zurück: Am 27. August hatte sich die NPD im Rathaus Treptow versammelt. Draußen protestierten rund 200 Antifas, einige beobachteten das rechte Treffen. Was sie mehr als die üblichen NPD-Parolen erstaunte, war eine Wortmeldung der bezirklichen Gleichstellungsbeauftragten, Christiane Hartmann-Kraatz. Diese nahm offenbar an der Veranstaltung teil, weil die Rechten zuvor mehrfach gefordert hatten, ihr Amt zur „Rückführungsbeauftragten für Ausländer“ umzugestalten.
Für ihr Statement wurde Hartmann-Kraatz wenige Tage später in einem offenen Brief vom Antifaschistischen Bündnis Südost (ABSO) scharf kritisiert: „Anscheinend in der Absicht, sich verteidigen zu müssen, redete sie von der Schaffung von Arbeitsplätzen im Bezirk und wie gesund ein sanftes Nationalgefühl angeblich sei“, monierten die AntifaschistInnen. Für ihren Schlusssatz – „Gott schütze unser deutsches Vaterland“ – habe es gar Applaus gegeben.
Die Linke-Fraktion in der BVV unterstützte diese Kritik und äußerte sich befremdet über den Beitrag der Beamtin. „Wir halten es mehr mit dem Statement eines Bürgers, der in besagter Veranstaltung unmissverständlich erklärt hat, dass in der BVV keine Nationalisten und erst recht keine Neonazis gebraucht werden“, sagte Hans Erxleben, der für die Linkspartei in der BVV sitzt.
Damit schien die Debatte eigentlich beendet – bis Anfang Oktober der Verein „offensiv ’91“, der in Treptow-Köpenick Familienprojekte und eine Anlaufstelle für von Gewalt betroffene Frauen betreibt, die Zusammenarbeit mit Frau Hartmann-Kraatz im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit aufkündigte. Damit wurde die Wortmeldung doch noch zum Politikum. Hartmann-Kraatz habe die ungeschriebenen Regeln des Umgangs von Demokraten mit der NPD verletzt, so eine Mitarbeiterin von offensiv ’91. Man wolle sich aber in intensiven Gesprächen mit dem Bezirk um eine Lösung bemühen. Hartmann-Kraatz hat sich bereit erklärt, mit offensiv ’91 ein klärendes Gespräch zu führen. Für die Presse ist sie nicht zu sprechen. Die Pressestelle von Bezirksbürgermeisterin Gabi Schöttler (SPD) betonte, die Gleichstellungsbeauftragte habe als Privatperson an dem NPD-Treffen teilgenommen. Schöttler bedauere, dass sich ihre Beamtin missverständlich ausgedrückt habe, für einen Rücktritt sei das aber kein Grund.
Linke und SPD in der BVV betrachten die Angelegenheit somit als geklärt. SPD-Fraktionschef Oliver Igel befürchtet, dass eine weitere öffentliche Debatte nur der NPD nutzt. Das sieht Marcus Worm von der Grünen-Fraktion anders: Es sei ein falsches Signal, sich nicht mit der Kritik an der Gleichstellungsbeauftragten auseinanderzusetzen, weil davon die NPD profitieren könnte. Er befürworte eine Versetzung von Hartmann-Kraatz auf einen weniger exponierten Posten als die bessere Lösung. Doch darüber müssten die großen BVV-Fraktionen der Linken und der SPD entscheiden.
Für Worms wäre die Debatte über Hartmann-Kraatz’ Wortmeldung ein Anlass, über den Umgang mit der NPD nachzudenken. So würden die Empfehlungen der Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) im Umgang mit den NPD-Bezirksverordneten aufgeweicht. Die hatte nach dem Einzug der NPD in die BVV etwa vorgeschlagen, dass auf NPD-Anträge nur ein Redner der anderen Parteien reagiert. In der Praxis werde dieser Ratschlag oft nicht umgesetzt, weil sich alle Parteien gegen die NPD profilieren wollen.
PETER NOWAK