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Archiv-Artikel

Fotos von Gaddafi?

JOURNALISMUS Ein Spiel fragt, was Medien im Krieg erlaubt ist

Darf man die Bilder des getöteten Muammar al-Gaddafi zeigen? Ist es die Pflicht des Journalisten, auch Grausames abzubilden, weil sich die Welt nur so ein Bild von den Ereignissen machen kann? Oder gibt es auch im Krieg so etwas wie ein Recht auf Pietät, welches schwerer wiegt als das Recht auf Information?

Solcher Fragen wird sich ein Computerspiel annehmen, welches im nächsten Jahr auf den Markt kommen könnte – ein genaues Datum gibt es nicht. „Warco“ wird ein Ego-Shooter. Betrachtet man das bisher veröffentlichte Material, sogar ein x-beliebiger. Maschinengewehre knattern, Häuser explodieren, Menschen sterben. Doch wer „Warco“ spielt, wird niemals eine Waffe in die Hand nehmen. Stattdessen schlüpft man in die Rolle der Kriegsreporterin Jesse DeMarco, die mit ihrer Kamera durch Krisengebiete zieht, um Fernsehbeiträge zu drehen. Der Spieler muss dabei ständig schwierige Entscheidungen treffen: Wie viel Grauen will ich zeigen? Sollte ich wichtige Informationen weiterleiten und so meine Beobachterperspektive verlassen? Darf ich Verwundeten helfen? Praktisch alles in „Warco“ dreht sich um moralische Konflikte.

In Deutschland gelten Ego-Shooter gemeinhin als gewaltverherrlichend und abstumpfend – eine Art gewissenlose Zone. Der Taktik-Shooter „Counter-Strike“ gilt als „Killerspiel“, obwohl Gewalt darin nebensächlich war und einzig strategisches Denken zählte. Noch immer ist es hierzulande beinahe unmöglich, Computerspiele positiv zu konnotieren.

Auch „Warco“ wird daran nichts ändern, obwohl seine Spieler die Aufgabe haben, den Schrecken des Krieges zu reflektieren und hinterfragen. Im besten Fall setzt sich der Shooter sogar mit der Sinnhaftigkeit von Gewalt und der Ethik der Medien auseinander. Wie sonst sollte man einen normalen 15-Jährigen für solche Themen interessieren? Vielleicht mit einem guten Computerspiel. ROBERT IWANETZ