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Archiv-Artikel

Der Große mit Klasse

Wenn jemand den Wolfsburger Bas Dost an diesem Wochenende zum ersten Mal hat spielen sehen, so dürfte er keine Zweifel haben, es mit einem Weltklassestürmer zu tun zu haben. Vier Tore hat Dost beim 5:4 des Bundesligazweiten VfL Wolfsburg bei Verfolger Bayer Leverkusen erzielt. Darunter ein Siegtor des Willens in letzter Sekunde und ein Treffer mit der Hacke, den auch ein Messi erst mal hinkriegen muss.

Dost, 25, stand bis vor wenigen Tagen nicht einmal im Verdacht, ein brauchbarer Bundesliga-Stürmer zu sein. Er war im Sommer 2012 vom damaligen Chef Felix Magath geholt worden, um Mario Mandzukic zu ersetzen. Was ihm nie gelang. In der letzten Saison erzielte er kein Tor, war oft verletzt, zuletzt sieben Monate am Stück, und ist bis heute nicht schmerzfrei. Mit seiner Größe von 1,96 Metern zwar für Flugballspiel brauchbar, aber für Kombinationsfußball desaströs und mit zu geringer Chancenverwertung.

Letzten Spätherbst verstärkte sich auch Dosts eigener Eindruck, dass es in Wolfsburg angesichts der „ganzen Scheiße“ für ihn wohl nichts mehr werde. Plötzlich stand er doch wieder im Kader. Im Dezember folgte bei seiner dritten Kurzeinwechslung das erste Tor. Bei seinen zwei Treffern zum Rückrundenauftakt gegen den FC Bayern schwang dann schon Klasse mit.

Und nun das. Mit neun Toren in zehn Einsätzen hat er plötzlich die Bilanz jenes Topstürmers, den Klaus Allofs mutmaßlich seit Längerem anderswo sucht. Nun ja, sagt der Manager, Dost sei endlich körperlich voll da und zudem habe es auch im Kopf „ein bisschen Klick“ gemacht. Von außen betrachtet gehörte Dost aber nie zu dem klassischen, tendenziell unreifen Sorgenkindtypus. In seiner Außendarstellung wirkte er immer rational und abgeklärt. Was nicht verhindern kann, dass ein dauerhafter Misserfolg zermürbende Wirkung auf die Psyche hat. „Wenn ich fit bin, bin ich gut genug für den VfL Wolfsburg“, sagte er in Leverkusen. Ihn habe einfach „gestört“, dass der VfL 3:0 und 4:2 geführt habe und dann das Spiel nicht zu gewinnen schien. Weshalb er noch das 5:4 drauflegte.

Der entscheidende Fortschritt ist indes Trainer Dieter Heckings Fußballstil und das Niveau, auf dem das Team ihn spielt. Das hat dazu geführt, dass Dosts Potenzial zum ersten Mal seit seiner Ankunft vom VfL auch genutzt werden kann, weil vor allem De Bruyne und Vieirinha ihn in die Lage versetzen, den einen Ball zu spielen, den er kann: den letzten Ball, den Torschuss. Dazu kommt derzeit das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das nun auch Dost einschließt. Es hatte fast schon Bayern-Züge, wie die neue Nummer 2 der Bundesliga diese Partie noch gewann.  PETER UNFRIED