: „Nur nette Worte“
Vereine, Verband und Politik machen zu wenig gegen Gewalt, sagt Gerd Liesegang vom Berliner Fußballverband
GERD LIESEGANG, 50, ist Vizepräsident des Berliner Fußballverbandes und dort seit zehn Jahren für das Thema Gewaltprävention zuständig.
taz: Herr Liesegang, die Gewalt auf Berlins Fußballplätzen hat in den letzten sechs Jahren abgenommen. Die Zahl der Spielabbrüche hat sich halbiert. Ein Erfolg Ihrer Arbeit?
Gerd Liesegang: Auch. Der Berliner Fußballverband engagiert sich seit einigen Jahren im Bereich Gewaltprävention. Uns ist es gelungen, viele Leute für die Problematik zu sensibilisieren. Aber wir sind lange noch nicht am Ziel. 50 Spielabbrüche im Jahr sind immer noch zu viel.
Das Gros der Vereine scheint das Problem für nicht so wichtig zu halten. Zur Tagung „Gewaltfrei im Fußball“ kamen nur 20 Vereinsvertreter.
Das ist enttäuschend und traurig. Von den Vereinen hören wir immer wieder Klagen, dass sich die Zustände bessern müssen. Bei dieser Tagung hätten sie die Chance gehabt, daran mitzuwirken. Da frage ich mich schon, ob viele nicht lieber den Status quo dulden als selbst aktiv zu werden.
Muss der Verband mehr Druck auf die Vereine ausüben?
Wir können nur Empfehlungen aussprechen, Verbandsbeschlüsse müssen von der Mehrzahl der Vereine mitgetragen werden. Vielleicht sollten wir die über das Sportgericht mehr unter Druck setzen, damit sie sich bei der Gewaltprävention engagieren.
Es wurde auf der Tagung vor allem über Maßnahmen der Ehrenamtler gesprochen. Kommen Sie ohne staatliche Unterstützung aus?
Wir haben dieses Jahr vom Senat eine halbe Stelle für die Präventionsarbeit finanziert bekommen. Das ist ein Anfang. Wir wissen, dass die Stadt pleite ist.
Aber ist das mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein?
Gewiss, vor wenigen Jahren hat der Senat noch ein Präventionsmodell finanziert, das mit anderthalb bis drei Stellen besetzt war. Das war weitaus besser und wirkungsvoller.
Der Senat würde ja auch sparen, wenn er weniger für Polizeieinsätze ausgeben müsste.
Hierfür fehlt leider das Bewusstsein. Mich stört insbesondere, dass im Profifußball die Gelder vergleichsweise rasch aufgetrieben werden, wenn es irgendwo zu Ausschreitungen kommt. Der DFB stellt dann Sicherheitsexperten ein und es findet sofort eine Innenministerkonferenz statt. Wenn wir, die wir täglich mit Gewalt auf den Plätzen zu tun haben, auf unsere Probleme aufmerksam machen, dann hören wir meist nicht viel mehr als nette Worte. Einigen ehrenamtlichen Helfern geht so langsam die Kraft aus. INTERVIEW: J. KOPP