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Archiv-Artikel

Der Joker bei den dänischen Wahlen

Naser Khader ist Dänemarks populärster Muslim. Er habe zu wenig politische Substanz, monieren Kritiker. Bei den Parlamentswahlen kann er eine zentrale Rolle spielen FOTO: MARTE KOPPERUD

Ein 44-Jähriger mit schwarzem Karategürtel gilt als Joker bei den dänischen Parlamentswahlen am 13. November. Der aus Syrien stammende Naser Khader hat es geschafft, mit der Gründung einer eigenen Partei das bislang fest gefügte Parteienspektrum aufzumischen. Mit seiner vor einem halben Jahr gestarteten „Neuen Allianz“ hat er sich zwischen dem rechten Regierungsblock aus Konservativen, Rechtsliberalen und Dänischer Volkspartei und der linksliberalen, sozialdemokratischen und sozialistischen Opposition positioniert. Khader gibt sich offen nach allen Seiten und kann mit prognostizierten 10 Prozent das Zünglein an der Waage werden.

Das wäre genug, um die Wiederwahl von Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen zu verhindern und die sozialdemokratische Oppositionsführerin Helle Thorning-Schmidt vorab zu veranlassen, ihm jeden gewünschten Ministersessel anzubieten. Khader, vor sechs Jahren als erster Muslim ins Parlament gewählt, könnte damit die künftige Ausrichtung der dänischen Ausländerpolitik in der Hand haben.

Seiner linksliberalen „Radikale Venstre“, für die er es bis zum Vizevorsitzenden gebracht hatte, kehrte er im Mai mit der Begründung den Rücken, sie mache eine zu lasche Ausländerpolitik. Angeblich war für ihn eine Fraktionskollegin, die mit einem Kopftuch im Parlament erschien, um demonstrativ eine Muslimin zu unterstützen, der Auslöser.

Naser Khader verficht eine restriktivere Einwanderungspolitik und ist ein steter Warner vor islamistischen Gefahren – eine Mischung, die er als „menschlichere Ausländerpolitik“ umschreibt. Gleichzeitig wendet sich Khader aber gegen die ausländerfeindliche Linie, mit der die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DFP) in den letzten Jahren die Regierungspolitik bestimmte. „Ich oder die DFP“ lautet daher auch sein Ultimatum an Rasmussen für eine mögliche Koalitionsbildung nach der Wahl.

Weil das vielleicht nicht für eine rechte Mehrheit reicht, hofft auch die Linke auf ihn. Sie hat signalisiert, sich von „zu liberalen“ Programmpunkten, wie der Forderung nach Abschaffung des Migranten-Heiratsalters von 24 Jahren, trennen zu wollen.

Sohn einer syrischen Mutter und eines palästinensischen Vaters war Khader 1974 als Elfjähriger nach Dänemark gekommen. Er studierte Politik- und Islamwissenschaft. Im Streit über die Mohammed-Karikaturen kam er unter Polizeischutz, seiner Frau Bente, mit der er einen Sohn hat, wurde seinetwegen der Job gekündigt. Vor kurzem gründete Khader die „Vereinigung demokratischer Muslime“ als eine Alternative zu den Scharfmachern.

REINHARD WOLFF