: Antikubanischer Freedom Fighter
betr.: „Reden wir nicht mehr über Fidel Castro“, taz vom 5. 12. 07
Bevor die taz Herrn Payá vollends in den Heiligenstand erhebt, sollte sie ganz einfache Fakten über ihn und seine Bekenntnisse zu Gewaltfreiheit, Pazifismus und Demokratie erforschen – macht ja der Vatikan auch in solchen Fällen.
Zu solchen Fakten würde dann gehören, dass er 2002 dem venezolanischen Putschistenhäuptling Carmona ein Gratulations- und Ergebenheitsschreiben überreichte, in dem er seine Bewunderung für den Putsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Chávez ausdrückte. Der Brief endet, wie ein Brief eines Gründers einer „christlichen Befreiungsbewegung“ enden muss: „Gotte segne das Volk von Venezuela“. Na ja, blöd gelaufen damals.
Es lässt sich erkennen, welcher Art von politischem System Payá nahe steht. Detaillierte Pläne der USA für eine Machtübernahme auf Kuba und die nachfolgende Umgestaltung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse gibt es ja genügend (nachzulesen im Helms-Burton-Gesetz oder im Commission Report von 2004). Und Geld gibt es übergenug, eine sich zivil gebärdende und eine terroristische Opposition zu finanzieren.
Payá war übrigens auch nicht Initiator des Proyecto Varela, das war ein gewisser Carlos Alberto Montaner, ehemaliger CIA-Agent und ausgewiesener Terrorist in Reihen der US-Army. Er schlug unter anderen Payá für dieses Projekt vor, das im Übrigen nur als Schaufensterdarstellung für freundliche Journalisten Wahlgesetze ändern will. Die wahren Ziele des Projektes werden in Miami formuliert.
Erstaunlich ist die Interviewtechnik Herrn Henkels. Dass er aus Höflichkeit nicht nach Payás Verbindungen zur von Ronald Reagan gegründeten rechtsextremen Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung (heutiger Hauptsponsor: Bacardi) fragt, mag ja nachzusehen sein, aber auch sonst: keine Nachfrage zu konkreten Inhalten und Zielen des Projektes und der „christlichen Befreiungsbewegung“ MCL. Henkels Formulierung „Referendum über die politische Zukunft der Insel“ ist so nett, dass man gar nicht glauben mag, was jeder Interessierte weiß: dass es erklärtermaßen um die Reetablierung kapitalistischer Produktions- und Eigentumsformen geht.
Jeder Gewerkschaftssekretär wird in der taz knallhart befragt, bei den antikubanischen Freedom Fighters fungieren die taz-Interviewer nur als brave Stichwortgeber. So ähnlich laufen wohl auch die Interviews Payás ab, die er in Miami dem Propagandasender Radio Martí gibt. KARL ISCHINGER, München