: Länder sauer über Bonn
■ Die Wirtschaftsminister der Länder fühlen sich bei der Frage der Wirtschafts- und Währungsunion von Bonn übergangen
Mainz (taz) - Die Wirtschaftsminister der Länder haben der Bundesregierung einen Rüffel erteilt. Auf ihrer Frühjahrskonferenz (Wimiko) in Mainz kritisierten sie gestern die bisherige Bonner Informationspolitik im Zusammenhang mit den Planungen zur Wirtschaft-, Währungs und Sozialunion mit der DDR. Besonders empört darüber war der bayerische Wirtschaftsminister Lang (CSU). Sein Mainzer Kollege Brüderle (FDP) maulte: „Ein Währungsunion macht man, die zerredet man nicht auf dem Markplatz.“
Drei Stunden lang befaßte sich die „Wimiko“ mit Fragen der Wiedervereinigung, verzichtete dann aber auf jede Empfehlung in Richtung Bonn. Der Konferenzvorsitzende und NRW -Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen (SPD) beklagte sich jedoch darüber, daß schon von einem Stichtag der Ostmarkreform geredet werde, bevor die neue DDR-Regierung überhaupt gebildet sei. Jochimsen lehnte die Währungsunion vor einer Infrastrukturverbesserung in der DDR strikt ab. „Bevor es zur Währungsunion kommt“, so der NRW-Minister, „müssen die beiden Wirtschaftssysteme komplementär sein, von den Banken bis hin zur Energie“. Es gebe derzeit zu viele Politiker, die „nur auf den Stichtag sehen und nicht darauf, was danach kommt“. Zum derzeit debattierten Umtauschkurs wollte sich die Wimiko nicht äußern. Jochimsen nannte es aber unrealistisch, den Währungswechsel an einem einzigen Stichtag umzusetzen. Das gehe nur in Stufen.
Jochimsen zufolge sind Bonn und die Wimiko sich einig, daß die Wiedervereinigung nur innerhalb der EG machbar sei. Die Wirtschaftsminister forderten nicht nur die DDR sondern auch „alle anderen osteuropäischen Länder, bis hin zur Sowjetunion“ aus der Cocom-Embargoliste für sensible Technologie zu streichen. Chancen sehen die Wirtschaftsminister auch durch die künftige Abrüstung. Von Bonn forderten sie eine „frühestmögliche Unterrichtung“ über Truppenabzüge und ein „Mitspracherecht in allen die Länder betreffenden ökonomischen Folgen“. Detaillierte Lösungen soll ein eigens eingerichteter Arbeitskreis für Abrüstung und zivile Umstrukturierung ausarbeiten, dem der Mainzer Wirtschaftsminister Brüderle vorsitzen wird. Bayerns Wirtschaftsminister Lang betonte gegenüber der taz, die Rüstungskonzerne mit Sitz in Bayern, wie etwa MBB, müßten ihre Produktion nach und nach umstellen - „zum Beispiel auf Umwelt- und Verkehrsschutz-Technik“.
jow
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