: Hamburger Szene-Kneipen a la Carte
■ Sicher keine Attraktion für auswärtige Besucher in der Hansestadt: Der neue Service mit Kneipenkarte vom Kiez-Kultur-Verein gilt in vielen Bars: zwei Drinks bestellen, einen bezahlen
vom Kiez-Kultur-Verein gilt in vielen Bars: zwei Drinks bestellen, einen bezahlen
Manchmal, an einem beliebigen Tresen stehend, der Konversation eines Gastes mit der Bedienung lauschend, wird man doch mit recht wundersamen Arten von Logik konfrontiert. „Ach, du kommst vom Lande, deshalb kannst du also Bier zapfen“, vernahm ich unlängst bei einem Gespräch in einer Kneipe. Wer also vom Land kommt, trinkt Bier und verfügt auch über die Fähigkeit, den Gerstensaft problemlos dem Zapfhahn zu entlocken, während der Stadtmensch sich lieber an kultiviertere Getränke hält, oder?
Diesem Klischee entsprechend zieht es die Landbevölkerung, die mit den Autokennzeichen OD, PI, SE, WL oder noch exotischeren Orten, wochenends nach Hamburg in die Vergnügungsviertel. Als Einstieg in das schnulzenbesungene Nachtleben von St. Pauli wird jetzt eine Kneipenkarte angeboten. Mit 40 Mark kann man das Recht erwerben, in 40 verschiedenen Kneipen einen Drink zu zahlen und dafür zwei zu bekommen. Wohlgemerkt nur einmal pro Karte und Kneipe. Eine Wanderschaft durch die Lokale, die Möglichkeit, neben Stammtränken auch andere Orte kennenzulernen, ist also bei der optimalen Ausnutzung dieses Angebots unumgänglich und auch die Zielsetzung des St. Pauli Kultur Vereins, der diese Karte herausgibt. Als förderndes Mitglied dieses Vereins firmieren dann auch aus juristischen Gründen die Karteninhaber, die indes jederzeit auch wieder austreten können.
Ein wenig merkwürdig mutet allerdings die großzügige Auslegung des Areals St. Pauli an. Kneipen und Bars im Schanzenviertel gehören ebenso dazu wie Gaststätten in Altona oder im Karo-Viertel. Es empfiehlt sich, falls sich der Getränkekonsum nicht nur auf Mineralwasser beschränken soll, seine Route gut zu planen, andernfalls werden die Kosten doch wieder in die Höhe getrieben, weil man Taxis benötigt.
Das Angebot in den Kneipen und Bars ist weit gestreut. Die Palette reicht von Tränken, die vorzugsweise zur starken alkoholischen Betäubung aufgesucht werden, wie dem Gun-Club in der Hopfenstraße oder dem Dschungel in der Schanzenstraße, bis hin zu Bars mit einer annehmbaren Restauration wie dem Luxor in der Max-Brauer- Allee. Auch unter dem Aspekt Musikbeschallung und Publikum betrachtet, sind die Kneipen nicht unbedingt einer sub-kulturellen Richtung zuzuordnen. Es bewegt sich zwischen dem etwas edleren Ambiente und leiser Berieselung im Quer am Hans-Albers-Platz bis zum Hardcore in der Gaststätte Sparr am Hamburger Berg. Es fehlen indes die neonglitzernden Edelschuppen, die allmählich den Hans- Albers-Platz verschandeln und die bekannten Diskotheken in diesem Angebot des Kiez Kultur Vereins.
Die Kneipenkarte bietet also ein buntes Spektrum an Lokalitäten. Es wäre einen Test wert. kader
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen