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Kröning sperrt Kulturmittel

■ Trüpel-Millionen auf Eis / Kein Geld für Schlachthof und Stadtbibliothek / Trüpel: Sparquote nicht zu leisten

Am Freitag wurde der Kulturhaushalt 1994 von der Deputation beschlossen, und immer noch fehlen 1,3 Millionen Mark. Doch wer gehofft hat, daß der Kampf um die knappen Mittel auf nächstes Jahr verschoben ist, der sieht sich getäuscht. Schon beim laufenden Haushalt des Kulturressorts stehen schwere Auseinandersetzungen ins Haus. Der aktuelle Konflikt: Finanzsenator Volker Kröning hat die Auszahlung der versprochenen Trüpel-Millionen vorläufig gesperrt, weil das Kulturressort im Frühjahr angekündigt hat, daß es die beschlossene Sparquote für dieses Jahr nicht einhalten könne. 4,2 Millionen Mark müßten danach aus dem Kulturhaushalt gequetscht werden. So lange das nicht passiert, so lange will Kröning die verplanten rund 3,5 Millionen Mark nicht herausrücken. Erste Maßnahme: 70.000 Mark bereits bewilligte Zuschüsse an den Schlachthof sind gesperrt.

4,2 Millionen seien auch beim besten Willen nicht einzusparen, das hatte die Kultursenatorin schon im Frühling bei diversen Gesprächen mit dem Finanzsenator und den Spitzen der Ampel erklärt. „Bei einem so kleinen Haushalt schlägt die Sparquote viel stärker durch“, sagte Helga Trüpel gestern auf Nachfrage. „Sparen nur bei den konsumtiven Ausgaben ist nicht möglich. Die machen sowieso nur einen Bruchteil des Zuschußetats aus.“ Der weitaus größte Teil seien Personalausgaben. Beim Fockemuseum beispielsweise liegen bei einem Gesamtetat von 2,7 Millionen Mark die konsumtiven Ausgaben bei 360.000 Mark. Die einzige Möglichkeit, die horrende Sparquote zu erbringen, liege in der Schließung etablierter Einrichtungen, schließt die Kultursenatorin. Soll das Goethetheater dichtgemacht werden, oder die Kunsthalle, das sei die Frage.

Eine Frage allerdings, die den Finanzsenator angesichts der Haushaltslage erst in zweiter Linie interessiert. Wie aus der Kulturszene zu erfahren war, beharrt Volker Kröning gegenüber Helga Trüpel auf der Einhaltung der beschlossenen Sparquote. Mit der Sperrung der längst verplanten Trüpel-Millionen stehen allerdings eine ganze Reihe von Einrichtungen und Vorhaben ohne Geld da. Neben den Zuschüssen für den Schlachthof betrifft die Sperrung der Gelder das Shakespeare-Festival, das Frauenkunst und -kulturfestival, eine Reihe von Migrantenkulturprojekten, aber auch die schon längst bestellte Datenverarbeitung für die Volkshochschule und die Stadtbibliothek.

Pikanterie am Rande: Die Notbremse des Finanzsenators kam ziemlich unerwartet, denn üblicherweise müssen alle Ressorts die Erfüllung der Sparauflagen erst im Oktober nachweisen. Eine kleine Rundfrage ergab, daß allein das grüne Kulturressort so früh Post vom Finanzsenator bekommen hat. „Rein formal hat er recht“, gibt die Kultursenatorin zu. Nun soll es noch in der Sommerpause zu klärenden Gesprächen kommen. Einerseits will die Kultursenatorin noch einmal mit ihrem Kollegen aus dem Finanzressort konferieren, andererseits soll aber auch der Gesamtsenat über die desolate Lage im Haushalt für die Kultur beraten. Dann könnte sich schon entscheiden, ob noch in diesem Jahr eine Institution definitiv dichtmachen muß. Jochen Grabler

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