Vertriebsverbot für Springer-Gazetten

■ Dubioser Verfassungsschutzbrief verwirrt Hamburgs Kiosk-Besitzer

Endlich! Hamburgs Verfas-sungsschutz greift durch! Gestern flatterte KioskbesitzerInnen ein Schreiben ins Haus, in dem mitgeteilt wurde, daß die Verfassungshüter gegen die Spingerblätter „Bild“, „Hamburger Abendblatt“ und „Welt“ eine Einstweilige Verfügung erlassen hätten. Inhalt: „Wegen 130 StGB, Volksverhetzung, und 131 StGB, Gewaltdarstellung und Aufstachelung zum Rassenhaß, werden die Schriften des Axel Springer Verlags auf den Index derjenigen Zeitungen gesetzt, die außerhalb der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen.“

Im Anschreiben heißt es weiter: „Wir machen sie darauf aufmerksam, daß, wer Schriften, die zum Rassenhaß aufstacheln, bezieht, liefert, vorrätig hält und anbietet, sich ebenfalls nach 131 StGB strafbar macht und mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe belegt wird.“ Gleichzeitig fordern die Verfassungshüter zur Mithilfe auf. Da die Verfahren gegen den „Spiegel“, „Hamburger Morgenpost“ und „tageszeitung“ noch nicht abgeschlossen seien, sollte man künftig die Blätter auf ihren ausländerfeindlichen Gehalt prüfen und womöglich aus „eigenverantwortlichem Handeln den Weitervertrieb“ unterlassen.

Für die Kundschaft der Kioskbesitzer hatte der Verfassungsschutz eigens eine amtliche Bekanntmachung zum Aushang beigelegt, und für den Nachmittag waren die Kioskinhaber zum Informationsgespräch ins Rathaus geladen.

Selbst die Polizei sorgte vor Ort für die Umsetzung der Verfassungsschutzdirektive. Eine Kioskbesitzerin, die dem antirassistischen Engagement keinen Glauben schenken wollte, und die Polizei wegen des Verdachts der Fälschung alarmierte, wurde sogar bedrohlich von Revierbeamten angewiesen: Natürlich habe sie den Aushang ins Fenster zu hängen. Schließlich sei das ja eine amtliche Bekanntmachung. Die Verkäuferin: „Ich dachte, ich wäre im Kintopp.“

Kai von Appen