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■ Eine Einkaufskarte für Schwule und LesbenHilfe durch ein buntes Stück Plastik

München (taz) – Sie suchten nach Möglichkeiten, die chronische Finanznot schwuler Projekte zu lindern, und fanden ein buntes Stück Plastik. „Gay Community Card“ (GCC) taufte eine Gruppe von Münchnern aus verschiedenen Vereinen der Szene ihre Erfindung, die geradezu wundersame Eigenschaften haben soll: Zumindest theoretisch gewinnen alle Beteiligten durch die GCC, die keine Kreditkarte, sondern eher ein Mitgliedsausweis ist. Nach einjähriger Vorbereitung startete die bislang einzigartige Aktion, die neue Finanzierungswege etablieren soll. Seit letzten Montag muß sich die Karte in der Praxis bewähren.

Die ersten, die von der Karte profitieren, sind die, die sie für 60 Mark jährlich erwerben. Beim Einkauf in Geschäften, die sich an der Aktion beteiligen, können sie damit drei Prozent Skonto bekommen. Rund eintausend Münchner aus der Schwulen- und Lesbenszene haben die Karte nach den Worten des GCC-Vorsitzenden Uli Grünert bereits bestellt.

Wenn sich die Hoffnungen der Initiatoren erfüllen, sind die Schwulen Geschäftsleute die nächsten Gewinner. Für sie soll sich die Teilnahme durch einen größeren Umsatz dank des Sparanreizes lohnen. Noch ist zwar nur eine Handvoll Szeneläden, Kneipen und Geschäfte beteiligt, doch nach einer Anlaufzeit könnte die Skepsis schwinden und die Zahl auf 60 bis 80 Geschäfte steigen, meint Grünert. Durch eine immer wieder aktualisierte Liste und Aufkleber mit GCC-Logo im Schaufenster erfahren die Kartenbesitzer, wo sie den Preisnachlaß bekommen.

Hauptnutznießer der „Gay Community Card“ sollen aber schwule Gruppen sein, die nicht von der öffentlichen Hand oder Sponsoren gefördert werden: Aids-Initiativen oder neue Projekte gegen Gewalt gegen Schwule, die mit dem Gewinn aufgebaut werden könnten. Über die Verteilung des Fonds, der durch den Kartenverkauf gebildet wird, entscheidet ein Beirat aus Mitarbeitern von Initiativen, darunter das Vorstandsmitglied der Deutschen Aids-Hilfe, Guido Vael, und Vertreter des Vereins GCC und der beteiligten Geschäftsleute.

Der Organisationsaufwand ist immens. Die GCC-Gruppe mußte ins Vereinsregister eingetragen werden; rechtliche Probleme galt es ebenso zu berücksichtigen wie Steuerfragen; ein „furchtbar formales Antragswesen“ (Grünert) wurde entwickelt und ein Bon-System für Lokale, in denen die Auszahlung der Drei-Prozent-Beiträge Probleme bereiten könnte. Das alles, wo doch jeder bedürftige Gruppen auch direkt mit einer Spende unterstützen könnte? „Es gibt viele Leute, die bereit sind zu spenden, sich aber einen Überblick, wo das Geld wirklich sinnvoll verwendet wird, nicht zutrauen“, verteidigt der Vorsitzende den Aufwand. Und an Gruppen, die neu entstehen, fließe dieser traditionelle Spendenstrom in der Regel ganz vorbei.

Obwohl die Organisatoren betonen, daß die GCC auch ein „Zeichen schwuler und lesbischer Solidarität“ sein soll, gibt es vereinzelt Kritik an dem kommerziellen Ansatz, der den Idealismus der Projekte gefährde. Bei den Münchner Schwulengruppen trifft die Aktion jedoch auf breite Unterstützung. Zustimmung haben u.a. die Aids- Hilfe, das schwule Kommunikationszentrum „SchwuKK“, Szenezeitungen und die Rosa Liste signalisiert. Mit dieser Rückendeckung hofft Grünert das Projekt zum Erfolg bringen zu können – trotz der für die Münchner eher ungewohnten Rolle als bundesweiter Vorreiter. Gruppen in anderen Städten haben schon angekündigt, das Münchner Modell übernehmen zu wollen. Stefan Niggemeier

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