piwik no script img

Kulturspione!

■ Auf dem ersten Geheimtreffen der KSB: ein Observationsprotokoll

Dienstag, den 17.8., 15 Uhr. Ort: Theater am Leibnizplatz (TaL), Vorgarten. 10 Jungen, geschätztes Alter zwischen sieben und 12 Jahren, haben sich zu einem geheimen Treffen eingefunden. Einige von ihnen tragen bereits Tarnkappen, ein Junge, der sich als Eike zu erkennen gibt, steckt in einem übergroßen schwarzen T-Shirt mit der verschlüsselten Notiz Sweet Home Alabama. Eine Frau und zwei Männer scheinen die Gruppen mit Saft und Keksen bestechen zu wollen. Alle rücken näher zusammen. Da fällt das Stichwort: Spione!

Die 13 planen offenbar einen größeren Schachzug. Bremer Kultureinrichtungen sollen infiltriert und genauestens observiert werden. Zehn an der Zahl. Ganz zu Anfang das „NMWB“ (?), ein merkwürdiges Gebäude auf einem Teerhof mit zwei Steinen vor dem Tor, in dem angeblich einer Mickey-Mäuse und Masken aus Wackelpeter macht. Dann sind mal Leute dran, die mit so 'nem komischen Stock fuchteln und früher mal Mozart, Bach oder Vivaldi hießen, heute Hespos.

Wie sich herausstellt, verbergen sich unter den Decknamen Dacapo und BGH Weserterassen die eigentlichen Organisatoren der Aktion. Die Undercover-Agenten Hille Wigand (BGH) und Ingo Ahmels (Dacapo) wollen die Gruppe erklärtermaßen jeden zweiten Dienstag zu einem neuen Überfall anstiften. Eine zusätzliche Handvoll Spione hat dazu bereits ihre Einsatzbereitschaft signalisiert, darunter gemäß vertraulichen Angaben zwei Mädchen.

Mittlerweile hat sich die Gruppe im TaL auf ein Codewort geeinigt: KSB, Kultur-Spionage- Bande, wie Insiderkreiseberichten. KSB kennt angeblich bislang keine anderen Spione, behauptet jedoch, daß diese ganz normal aussehen, schwarze Tarnkappen und Sonnenbrillen tragen. Einige Mitglieder berichten von ersten Spionagetätigkeiten beim Abkucken in der Schule. Spion Kolja schlägt vor, auf dem KSB-ErkennungsT-Shirt anonym zu bleiben: „Wir sind keine Spione. Oder vielleicht doch?“

KSB plant außerdem, während der Überfälle mit Spionageblockund Kamera zu arbeiten und ihre Eindrücke in Schrift und Bild festzuhalten. Sodann schreitet das Team sogleich zur ersten Tat und spioniert das Versteck von Dacapo aus. Büroräume werden auf ihre Tauglichkeit hin inspiziert, Video-Aufzeichnungen kontrolliert und Instrumente getestet. KSB knüpft außerdem erste Kontakte zu Mitgliedern der Shakespeare Company, die ihre Treffen im selben Gebäude abhalten.

Wie wir soeben noch erfahren haben, plant KSB einen Überfall auf eine Bremer Zeitung. Wir hoffen, dann trotzdem erscheinen zu können. Spionin sip

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen