Reise zwischen Schmerzgrenzen

■ Die Nacht der Clubs'93: Überfüllte Clubs oder schlechte Musik

„Das ist hier die Tanzfläche“, erklärt Monika, „ihr müßt mitmachen.“ Der Ort ist klug gewählt, direkt vor den Toiletten im Irish Rover ist eine hohe Kontaktquote zu erwarten. Monika und ihre Freundin Birgit, beide in einem Zustand, den sie morgen mehr fühlen als erinnern werden, haben bereits ihren persönlichen Höhepunkt der Nacht der Clubs 93 gefunden. Doch die momentan aufspielenden Backliners haben leider nur den Normalstandard dieser Nacht zu bieten: Coverversionen der einfallslosen Art; bei „Knocking On Heavens Door“ ist die Schmerzgrenze überschritten.

Szenenwechsel. Vor dem Kir ist nichts mehr zu machen. Die Lemonbabies spielen bereits seit fünf Minuten, aber es wollen immer noch mindestens 100 Leute rein. Der Türsteher gibt sich verständlicherweise unerbittlich, die Luft ist selbst zwei Meter außerhalb der Eingangstür sauerstoffrei. Wieder einmal nichts zu hören und nichts zu sehen, das ist das Dilemma dieser Nacht. In den großen Veranstaltungsorten spielen Revival-Bands (Docks), abgetakelte Hamburger Bluesgrößen (Fabrik), oder es wird eine Seventies-Party gefeiert (Markthalle). Originell ist das nicht gerade, deshalb herrscht in den kleineren Clubs, wo es interessante, unbekanntere Acts zu bewundern gibt, Dauerüberfüllung.

Ähnlich geht es in den vier extra eingerichteten Buslinien zu. Wer geglaubt hatte, niemals in seinem Leben mehr Schulbus fahren zu dürfen, sah sich getäuscht. Es wird gedrängelt, geschubst und mit dem Nothammer gespielt. Einige trinken sogar Alkohol und rauchen, obwohl das doch verboten ist, ganz schön revolutionär!

Einmal mehr ist der Kiez der Matchwinner: Im Marquee, ohne Wartezeit und Drängeln betretbar, spielen die Bazookas erfrischenden Poppunk. Die Große Freiheit hat als einzig große Halle Abwechslung zu bieten. Mit dem Konzert von Proll wird das Niveau dieser Nacht auf den Punkt gebracht.

Lutz Kramer