: Warten auf die anderen
■ Prozesse um Polizeieinsatz in der Hafenstraße, bei dem vor fast fünf Jahren eine Fotografin schwer verletzt wurde
Ende November 1992 wurde von der Polizei in der Hafenstraße eine Wohnung geräumt. Rund 30 UnterstützerInnen wollten sich friedlich und ohne Gegenwehr hinausgeleiten lassen. Unter ihnen die Fotografin Marily Stroux, die beim Verlassen des Hauses Nummer 110 von Polizeibeamten getreten wurde und einen Steißbeinbruch erlitt. Das gerichtliche Nachspiel dieses Vorfalls ging gestern vor dem Landgericht in die nächste Runde.
Marily Stroux hat die für den Polizeieinsatz verantwortliche Hansestadt auf 13.000 Mark Schmerzenzgeld und Schadenersatz verklagt. Außerdem klagt sie gegen zwei Polizeibeamte, die sie zu Boden gerissen haben und auf Fotos von der Räumung der Wohnung identifiziert werden konnten. Die Innenbehörde hält dagegen: Die 46jährige Frau sei von den Beamten nicht angefaßt worden.
„Ich wollte beim Rausgehen aus der Wohung noch ein Photo machen“, erinnerte sich Marily Stroux gestern. Unmittelbar danach habe sie sich unterhalb der Treppe wiedergefunden. „Ich wurde von diesen beiden Beamten getreten und in den Rücken gestoßen.“Ein anwesender Rechtsanwalt hatte damals gesehen, wie sie von zwei Uniformierten zu Boden gerissen wurde. „Ich hatte das Gefühl, da kühlt jemand sein Mütchen“, so der Anwalt. Die Einsatzleiterin der Polizei soll am 18. März gehört werden.
Außer dem Zivilprozeß läuft auch ein Verfahren beim Verwaltungsgericht, in dem polizeirechtlich geklärt werden soll, ob die Räumung der Wohnung und der Ordnungshütereinsatz gegen die Fotojournalistin (un-)rechtmäßig gewesen sind. Der Ausgang des Verfahrens ist offen. Ebenso in der Schwebe befindet sich ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, die anfangs bezweifelt hatte, ob Marily Stroux sich die schmerzhafte Verletzung tatsächlich während des Polizeieinsatzes zugezogen hatte. Dagegen legte ihr Anwalt Jens Waßmann Beschwerde ein, über die bis heute noch nicht entschieden worden ist. Alle beteiligten Vertreter der Justiz scheinen darauf zu warten, wie die jeweils anderen entscheiden werden.
Lisa Schönemann
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