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Träume sind doch nur Schäume

■ Die BVV Tiergarten will die Straßen durch den Tiergarten an Wochenenden für Autos sperren, aber die Senatsverkehrsverwaltung lehnt diese "nette Idee" ab

Vollgas für Rollerblades und Fahrräder, Kinderwagenrennen und Dauergrünlicht für Fußgänger im Tiergarten: Was wie ein Traum klingt, will die dortige Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wahr machen. Vor wenigen Tagen wurde gegen die Stimmen der CDU beschlossen, Autos an den Wochenenden aus dem Tiergarten zu verbannen. In der Empfehlung an den Senat heißt es, daß „zur Entlastung des Tiergartens sowie der Erholungssuchenden an den Wochenenden die Entlastungsstraße, die John-Foster-Dulles-Allee und die Straße des 17. Juni östlich des Großen Sterns für den motorisierten Individualverkehr geschlossen werden“. Außer Bussen und Taxen soll nichts mit vier Rädern erlaubt sein.

Lydia Schend, parteiloses Mitglied der bündnisgrünen Fraktion, weiß, daß es „sehr schwierig sein wird“, die Verkehrsverwaltung für die Idee zu erwärmen. Doch es sei schon „viel wert, die Diskussion in Gang zu setzen“, meint die Vorsitzende des Ausschusses „Natur und Grünflächen“. Immerhin habe Berlin sich das „hohe Ziel“ gesetzt, 80 Prozent des Verkehrs über den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) abzuwickeln. Der BVV- Beschluß, dessen Idee auf ein Konzept der BI Westtangente zurückgeht, sei „ein Anstoß, das ernst zu nehmen“. Damit dieser Traum nicht als Seifenblase zerplatzt, müßte ein Antrag im Abgeordnetenhaus eingebracht werden. „Der würde sicher keine Mehrheit finden“, ist der verkehrspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Michael Cramer, überzeugt. Auch wenn die PDS sich den Grünen anschlösse, („Die PDS stimmt ja immer mit uns“), würde die CDU gewinnen, „weil die SPD nix zu melden hat“.

Die Bestätigung für Cramers Realismus folgt auf dem Fuße. Die Senatsverwaltung für Verkehr findet die Idee zwar „ganz nett und wünschenswert“, so Pressesprecherin Petra Reetz, doch bei dem betroffenen Gebiet handele es sich um ein „Straßensystem, das eine ganze Menge Verkehr verkraften“ müsse. Und den könne man sich nicht einfach „wegwünschen“. Ganz zu schweigen von den vielen Baustellen im Zentrum. Natürlich unterstütze die Verkehrsverwaltung den ÖPNV, aber „für eine Familie mit drei Kindern samt Decke, Picknickkorb und Ball“, so die Mutter von drei Kindern weiter, sei es ein „ganz schöner Hammer, ohne Auto in den Tiergarten zu kommen“.

Auch Volker Hassemer, Geschäftsführer von „Partner für Berlin“, schüttelt nur den Kopf: „Ich halte das für eine merkwürdige Vorstellung, ausgerechnet zum Wochenende den Zugang zur Innenstadt zu schließen.“ Barbara Bollwahn

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