: Radiale Bewegungen zum Großen Stern
■ Auf der 21. Fahrradsternfahrt am 8. Juni werden 50.000 Teilnehmer erwartet
Rund um und auf dem Großen Stern wird es am Sonntag, den 8. Juni, wohl ähnlich aussehen wie auf dem Pariser Place de la Concorde, aber es werden keine Autos sein, die den Kreisverkehr in Besitz nehmen, sondern Fahrräder. Die Organisatoren der 21. Fahrradsternfahrt, die „Grüne Liga Berlin“ und der „Allgemeine Deutsche Fahrrad Club“ (ADFC) rufen auf, das Auto stehenzulassen und aus weiter entfernten sowie umliegenden Bezirken mit dem Rad „radial“ zum Großen Stern nach Tiergarten zu fahren.
„Berlin fährt Rad – für eine lebenswerte Stadt“ , so lautet das Motto, das sich die 25.000 bis 50.000 erwarteten Radfahrer auf die Fahne schreiben werden. Nach der Fahrt durch das Brandenburger Tor auf den Pariser Platz, wird dort nachmittags das 1. umweltfreundliche Volksfest stattfinden. Verbände und Vereine sind dort mit Infoständen vertreten.
„Es wird keine offiziellen Reden geben, sondern einen Speaker's Corner“, so Corinna Seide von der „Grünen Liga“. Auf dem Grünstreifen Unter den Linden werde zwischen Schadow- und Wilhelmstraße ein großer Ökomarkt aufgebaut, wo 50 Stände Produkte aus dem Ökolandbau anbieten. Für Musik und Kinderparty sei ebenfalls gesorgt.
Ein weiteres Highlight wird die Freigabe der Avus für die Fahrraddemo sein. Hier werden sich mit Solarenergie betriebene Fahrzeuge ein Rennen liefern. Arno Paulus vom „Verein zur Förderung der Sozialenergie“: „Unsere Solar Bikes & Extra Energie Races sollen in verschiedenen Kategorien die Entwicklung neuer Technologien und das Interesse der Jugend an Umweltfragen beschleunigen. Insbesondere wollen wir Universitäten und Ausbildungsstätten motivieren, leichte umweltfreundliche Nahverkehrsmittel zu entwickeln.“ Wer am weitesten kommt, gewinnt – das ist die Formel des Rennens. Sie soll nichts weiter als die Energieeffizienz und die Leistungsstärke der Human Powered Vehicles und Solar Bikes aufzeigen.
Teilnehmen dürfe jedes Fahrzeug, das Muskelantrieb hat und mit oder ohne elektronischem Zusatzantrieb augestattet sei. Es gibt verschiedene Geschwindigkeitsgruppen, die jeweils zwei Läufe absolvieren. Die Fahrzeit ist auf eine halbe Stunde begrenzt.
„Fünf Jahre nach der Konferenz von Rio und 2 Jahre nach dem Klimagipfel von Berlin ist die Diskrepanz zwischen deren Zielen und konkreten Maßnahmen zum Schutz des Lebens unübersehbar. Insbesondere im Verkehrsbereich nehmen die Immissionen zu und die Lebensqualität weiter ab“, so Benno Koch vom ADFC. „Die bevorstehende UN-Sondergeneralversammlung im Juni in New York und der Klimagipfel im Dezember in Kioto/Japan wird die Verpflichtungen Berlins zur Kohlendioxidreduktion um 25 Prozent bis zum Jahr 2010 wieder ins Bewußtsein der Öffentlichkeit rücken und endlich zum Handeln zwingen.“
Die Fahrradsternfahrt sei eine deutliche Botschaft der Veranstalter und Teilehmer nach New York für Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit. Es gehe darum, Präsenz zu zeigen und das Fahrrad als sinnvolles Verkehrsmittel darzustellen. Schließlich gebe es in Berlin 2,5 Millionen Fahrräder – im Gegensatz zu 1,2 Millionen Pkw. Am 2. April 1995 zählte die anläßlich der Klimakonferenz veranstaltete Fahradsternfahrt fast 100.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie gilt als der größte Fahrradkorso der Welt. Letztes Jahr nahmen rund 25.000 Berlinerinnen und Berliner teil.
Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, wird gemeinsam mit Vertretern seiner Fraktion auf mehreren Tandems von Wannsee in Richtung Großer Stern radeln und ist gespannt, „ob Herr Klemann mich auf dem Fahrrad rechts oder links überholt“. Der Senator für Bauen, Wohnen und Verkehr (CDU) habe ihm vor dem Parlament sein Wort gegeben.
Dolf Straub, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, hat am 8. Juni andere Verpflichtungen: rund um den Köllnischen Park finden der Umweltmarkt Berlin und ein Tag der offenen Tür statt. „Eine Fahrradtaxilinie soll die beiden Märkte verbinden.“
Die Fahrtzeit, zum Beispiel vom Flughafen Schönefeld bis zum Großen Stern, ist mit einer Stunde und 40 Minuten eher locker kalkuliert. Die Sternfahrt soll ja auch keine Tour de France werden, und die Anwohner sind aufgerufen, statt mit nassen Schwämmen zu schmeißen doch lieber ihr Fahrrad aus dem Keller zu kramen und mitzuradeln. Esther Kogelboom
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