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Shampoo aus Zapfhähnen

■ Der Recyclinghof Findorff stellt in der Bibliothek Neustadt den „Supermarkt 2000“vor / Alles normgerecht und ökologisch sinnvoll / Mehrweg total bleibt aber Utopie

In unserem psychischen Haushalt ist wieder Ordnung eingekehrt – dank des Dualen Systems. Der Grüne Punkt funktioniert als eine Art Ablaßbrief fürs Gewissen – das doppelt verschweißte Pampaspack, der Griff nach der Bierdose am Lieblingsimbiß: Ex und Hopp ist wieder gesellschaftsfähig, ab in den Gelben Sack.

„Falsch“– sagt Klaus Priezel vom Recyclinghof Findorff: Mülltrennung ist nicht automatisch auch Müllvermeidung. Zur Umschulung des dualen Denkens hat man in der Neustädter Stadtbibliothek einen „Supermarkt“aufgebaut, der unseren Gewissenshaushalt auf Innovation trimmt. Der „Supermarkt 2000“aus dem Recyclinghof nämlich möchte Vision sein: Wie sähe ein Supermarkt der Zukunft aus, wenn man den Vorsatz Müllvermeidung konsequent umsetzen würde.

Doch trotz des futuristischen Ausstellungstitels: Das meiste, was man im „Supermarkt 2000“sieht, wirkt vertraut. Man wolle das Rad der Recycling-Geschichte nicht neu erfinden, entgegnen die Ausstellungsmacher, sondern es da weiterdrehen, wo positive Ansätze zu erkennen sind. Die vorhandenen Hilfsmittel zur Müllvermeidung müßten nur in Umlauf gebracht und genutzt werden.

Ein Beispiel ist der Pfandautomat. Mit Mehrwegflaschen oder Bierkästen gefüttert, spuckt er Geld aus. Welch ungeheure Zeitersparnis fürs gestreßte Personal – und für den Kunden. Eine Handvoll dieser Automaten sind bereits im Einsatz – in größeren „Comet“-Märkten oder beim „Euro-Spar“am Bahnhof.

Durchgesetzt haben sich auch Zapfanlagen für Mineralöle – nicht nur im „Supermarkt 2000“, sondern immer häufiger an Tankstellen zu sehen.

Neu in dem Supermarkt der Möglichkeiten sind allerdings die Zapfanlagen für Shampoo, Flüssigwaschmittel oder Reinigungsmittel nebst passenden Mehrweg-Gefäßen zum Abfüllen. Das gab's zwar auch schon mal (fast), blieb dann aber irgendwo in der Testphase der REWE-Kette stecken. Kurioserweise wegen der Einführung des Dualen Systems, sagt Ausstellungsinitiator Klaus Priezel vom Recyclinghof Findorff. Ende der achtziger Jahre, als der Ruf nach einer Abgabe für Verpackungsmüll lauter wurde, seien sie entwickelt worden. Als dann der Grüne Punkt kam, habe man die Idee der Zapfsäulen wieder verworfen – Mehrweg total hätte den Einzelhandel angeblich mehr gekostet als die Abgabe für die Wiederverwertung von Einwegverpackungen.

Auch durch die Industrie wurden ökologische Reformen blockiert. Verpackung ist nun mal auch Werbefläche und Markenzeichen mit hohem Wiedererkennungswert. DIN-genormte Mehrwegflaschen, wie sie die Austellung propagiert, werden da nicht gern gesehen. Chappi, Alete, saure Gurken: alles im mehrfachverwendbaren Einheitsglas – das paßt nicht ins Marketing-Konzept. Oder gar ein Universal-Bierkasten mit Normflaschen... Oh nein! Die Industrie bewahrt uns ihre 220 verschiedenen Bierkästen und die Vielfalt der Flaschenformen: Gegen eine geplante Vereinheitlichung meldeten die Brauereien Widerstand an. Beck's wird sich weiterhin – auch äußerlich – von Warsteiner unterscheiden, und das gute alte Flens behält seinen „Plöpp“-Verschluß. Bis zum „Supermarkt 2000“wird es wohl noch ein paar Jährchen länger dauern. ba/ritz

Ausstellung ist bis zum 11. Juli in der Stadtbibliothek Neustadt

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