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Spuren einer fast vergessenen Rebellion

■ Wiederentdeckt: Städtische Galerie im Buntentor zeigt 35 Bilder aus dem Frühwerk des Malers Winfred Gaul

„Wir rebellierten gegen den Versuch, die alte Ordnung wieder zu etablieren, die sich als unfähig erwiesen hatte, die Menschheit gegen den ,Braunen Terror' zu schützen.“Wer nur einen flüchtigen Blick auf Winfred Gauls Bilder wirft, dem wird sich kaum erschließen, inwiefern sich dieses künstlerische Selbstverständnis Gauls in seinen Bildern widerspiegelt.

Zumal der Künstler wiederholt betont hat, daß Kunst generell keine weltanschaulichen „Aussagen“zu treffen habe, nicht zur Sinnstiftung diene, gegen Unterdrückung oder Ausbeutung nichts auszurichten vermag, Kranke nicht gesund und Hungernde nicht satt mache. „Kunst ist Kunst“, lautet Gauls Credo, „und Leben ist Leben.“

Dieses ästhetizistisch anmutende Konzept liegt den 35 Bildern aus der „informellen Phase“des Düsseldorfer Malers, die ab morgen die Städtische Galerie im Buntentor zeigt, ganz offensichtlich zugrunde. Erst die Vergewisserung, daß die Werke zwischen 1954 und 1961 entstanden sind, verdeutlicht, vor welchem zeitgeschichtlichen Hintergrund Gauls künstlerische Selbstbeschreibung einen derart dezidiert politischen Charakter gewinnen konnte.

Gauls Bilder sind eine fast nüchtern anmutende, ausschließliche Beschäftigung mit den basalen Elementen der Malerei: Farbe, Form, Linie. Frei von allen bedeutungsschwangeren Verweisen auf die Sphäre des Unbewußten, archaische Symbole oder Urmythen, wie sie für das geistige Klima der orientierungslosen deutschen Nachkriegsmoderne kennzeichnend waren, beharrt der junge Maler Gaul von Beginn an auf der Autonomie des Malprozesses und der malerischen Mittel. Wo sein wirkmächtiger Lehrer, der von den Nazis als entartet diffamierte Willi Baumeister, die Malerei bruchlos an die Romantik des 19. Jahrhunderts anknüpfen wollte und ihr die Rolle einer Suchenden nach metaphysischen Gewißheiten zuschrieb, profilierte sich sein Schüler als Vertreter einer absoluten und autarken Kunst, der jeder mythologische Überbau fremd ist.

Diese Haltung wurde im restaurativen Ambiente der 50er Jahre zwangsläufig zum Politikum und provozierte peinliche Eklats, die so weit gingen, daß die Werke Gauls und anderer Vertreter des deutschen Informel während der 2. documenta in Kassel auf den Dachboden verbannt wurden.

Winfred Gauls Einfluß hat das nicht verhindern können. Aussstellungsleiter Hans-Joachim Manske glaubt sogar, daß Bremens KünstlerInnen es Gauls Wirken als Lehrbeauftragter an der hiesigen Staatlichen Kunstschule zu verdanken haben, daß die Stadt den Anschluß an die Tendenzen der künstlerischen Moderne nicht verpaßt hat.

Trotz des erklärt experimentellen und rein kunstimmanenten Gestus kann der Betrachtende sich des enormen ästhetischen Überschusses der Bilder Gauls kaum entziehen. Insbesondere den 1960 entstandenen, großformatigen Ölgemälden, auf denen der Maler sich auf unterschiedliche Weisen mit der Farbe Blau beschäftigt hat, haftet eine – man wagt es kaum zu sagen – gewisse geheimnisvolle Aura an. Sie sind von schlichter und ergreifender Schönheit.

Es gab Zeiten, da löste so etwas beinahe Rebellionen aus, heutzutage wirken sie hingegen fast „banal“. Wie eigenartig das Leben spielt. zott

Die Ausstellung „Winfred Gaul. Das informelle Frühwerk 1954-1961“ist ab Samstag bis zum 21. September in der Städtischen Galerie am Buntentor zu sehen. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen

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