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Deutsche Panzer vor Diyarbakir

■ Türkisches Militär zerschlägt Friedensveranstaltung für Kurdistan / Bremerinnen berichten / Oldenburger in Haft

Zurück aus der Türkei berichten die Bremerinnen Renate Schultz und Antje Steinberg von der in dieser Woche vom türkischen Militär zerschlagenen internationalen Friedensdemonstration für Kurdistan. Sieben OldenburgerInnen sind noch in der Türkei in Haft. „Kurdische Demonstranten riskieren mehr. Ich schäme mich fast, Angst gehabt zu haben“, meint Antje Steinberg.

Die 1.600 km lange Fahrt der internationalen Friedensdelegation durch die Türkei in den kurdischen Süden war gepflastert mit Kontrollen, Schikanen, Verhaftungen und endlich, kurz vor dem Ziel, im kurdischen Diyarbakir, mit deutschen Panzern. „Wir wollten uns mit anderen Bussen in Adana und Ufra treffen. Plötzlich kam die Nachricht, daß wir weder in die Städte reingelassen werden noch die anderen Busse herausfahren durften. Wir mußten unsere Route ändern“, sagt Renate Schultz.

Auf der Fahrt in den Süden wurden die DemonstrantInnenn von Militär geentert und nach Plakaten gefilzt. Die Parolen „Frieden für das kurdische Volk“gingen in Flammen auf. „Die türkische Presse hat uns als Friedensterroristen beschimpft“, erklärt Antje Steinberger.

„Für mich wurde es dramatisch“, meint Renate Schultz, „als das Militär ungefähr 40 Busse mit kurdischen Demonstranten eingekesselt hatte. Die internationale Delegation erreichte es nach zähen Verhandlungen, daß die KurdInnen zunächst unbehelligt in ihre Dörfer zurückfahren durften.“

Einmal wurde der Konvoi auf Militärgelände geleitet. „Erfahrene DemonstrantInnen haben uns Verhaltenshinweise gegeben“, erklärt Antje Steinberg. Nach zwei Stunden Beschimpfungen durch den lokalen Gouverneur konnten die Busse eine Stunde unbehelligt weiter fahren. „Hundert Kilometer vor dem Ziel war dann endgültig Schluß“, sagt Renate Schultz. Hubschrauber, Soldaten und deutsche Panzer riegelten die Straßen ab. „Die Bundesregierung beruft sich auf das türkische Versprechen, deutsche Panzer nicht gegen Kurden einzusetzen. Hier standen deutsche Tanks gegen Kurden und Deutsche“, sagt Antje Steinberg.

Die erzwungene Rückfahrt fand dann unter Militärbewachung statt. Unterwegs verhinderte der italienische Botschafter weitere Übergriffe der Militärs. Trotzdem stürmen die Soldaten einen Bus und schlagen Insassen zusammen. „Von der deutschen Botschaft haben wir nie jemanden erreicht“, sagt Renate Schultz. Sie und ihre Freundin Sterinberg konnten sich in Ankara von der Gruppe absetzen und nach Hause fliegen. Während einer improvisierten Pressekonferenz später in Istanbul stürmte Militär das Hotel der übrigen Delegation. Alle 25 Anwesenden, darunter die sieben OldenburgerInnen, wurden verhaftet. Sie werden dem Haftrichter vorgeführt. schuh

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