: Gäste nur noch für Besserverdienende
■ Wer Besucher aus Ländern der Dritten Welt oder Osteuropa einlädt, muß der Innenverwaltung künftig seine Einkommensverhältnisse offenlegen. Datenschutzbeauftragter kritisiert geplante Regelung und befür
Wer künftig Gäste aus Ländern nach Berlin einladen möchte, die ein Visum für die Einreise benötigen, muß zuvor seine Einkommensverhältnisse gegenüber den Behörden offenlegen. Diesen Plan bestätigte jetzt die Sprecherin der Innenverwaltung, Isabelle Kalbitzer. Es gebe „Überlegungen“, diese Regelung „im kommenden Jahr, jedoch noch nicht im Januar“ einzuführen.
Wer sich dann einen Gast aus der Dritten Welt oder Osteuropa einladen will, muß sein Einkommen, seinen Mietvertrag und Versicherungsverträge den Behörden vorlegen. Welche Einkommensgrenze als ausreichend angesehen wird, stehe aber noch nicht fest, erklärte Sprecherin Kalbitzer.
Berlin folgt damit den Vorgaben des Bundesinnenministeriums. Dieses hatte bereits im November letzten Jahres den Bundesländern das „bundeseinheitliche, fälschungssichere Formular“ zur Einladung von Gästen aus Armutsländern übergeben. Mittlerweile arbeiten außer Hamburg und Berlin alle anderen Bundesländer mit dem Vordruck. Daß Berlin mit der Einführung der Bonitätsprüfung bislang wartete, lag vor allem an der Überlastung der Ausländerbehörde. Deshalb hatte Berlin beim Bundesinnenministerium in Bonn beantragt, die Formalitäten in den Meldestellen abwickeln zu dürfen.
Die Bundesländer setzen die Einkommensgrenze für Gastgeber unterschiedlich hoch an. In Sachsen-Anhalt lagen die Hürden anfangs so hoch, daß selbst eine Familie mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 8.000 Mark nicht den Vater aus der Ukraine einladen durfte. Nach Protesten wurde die Einkommensgrenze auf das Anderthalbfache des Sozialhilfesatzes pro einladende Person verringert.
Wie jetzt bekannt wurde, hat der Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin, Hansjürgen Garstka, bereits im Sommer der Innenverwaltung „erhebliche Bedenken“ vorgetragen: So erfordere die Ausfüllung des Formulars Angaben zum Beruf des Einladers, zu seinem Arbeitgeber, zur Größe seiner Wohnung sowie die genaue Einkommenshöhe, die „nicht erforderlich“ seien. Garstka kritisiert vor allem, daß alle Daten „nicht nur bei der örtlichen Ausländerbehörde verbleiben. Der eingeladene Ausländer erhält ebenfalls eine Ausfertigung.“ Es entziehe sich außerdem der Kontrolle des Gastgebers, inwieweit seine Angaben auch anderweitig verwendet werden, führt Garstka aus.
Auch bundesweit ist die Regelung umstritten. Die Ausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP) spricht von einem „doppelten Generalverdacht“: „Die Besuchten könnten für etwaige Kosten nicht aufkommen, und die Besucher würden im Zweifel nicht wieder ausreisen.“ Welche Kosten den öffentlichen Kassen durch einen Mißbrauch des Gastrechtes entstanden seien, so Schmalz-Jacobsen, hätte ihr allerdings noch niemand darlegen können. Marina Mai
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen