piwik no script img

Kein Platz mehr für Roma und Sinti

■ Zehlendorf blockiert seit drei Jahren die Einrichtung eines dauerhaften Stellplatzes für Roma und Sinti in Dreilinden. Ein Dutzend Familien muß bis zur Eröffnung des provisorischen Wohnwagenplatzes am 2.

Mit hinhaltendem Widerstand blockiert das Bezirksamt Zehlendorf seit drei Jahren die Einrichtung eines dauerhaften Stellplatzes für Sinti und Roma in Dreilinden. Bereits im Oktober 1995 hatte der Rat der Bürgermeister beschlossen, daß im ehemaligen Stauraum Dreilinden ein dauerhafter Platz für durchreisende Sinti und Roma geschaffen werden soll. Auch die zuständige Senatsverwaltung für Jugend, Schule und Sport bemüht sich seit Jahren um eine Lösung.

Doch in einem Entwurf des Bebauungsplans X-187 des Zehlendorfer Bauamtes ist der Wohnwagenplatz nicht eingeplant. Baustadtrat Klaus Eichstädt (CDU) erklärte gestern, ein Abschluß des Bebauungsplanverfahren sei noch nicht in Sicht. Ob der Stellplatz noch berücksichtig werde, könne er auch nicht sagen. Das Bezirksamt Zehlendorf möchte in der Nähe des Stellplatzes einen Motelneubau realisieren. Betreiber des früheren Motels hätten von „Nutzungskonflikten“ gesprochen, so Eichstädt. Ob dies zutreffe, könne er nicht beurteilen. Einen Investor für das Motel gebe es derzeit aber nicht.

Das Land Berlin kommt die Verzögerung teuer zu stehen. Seit drei Jahren wird der Stellplatz jedes Frühjahr mit Toiletten und Waschräumen, Wasser- und Stromleitungen ausgestattet, die im Herbst wieder abgebaut werden müssen. Das Provisorium ist kostspieliger als eine dauerhafte Lösung: winterfeste Installationen würden einmalig 3,1 Millionen Mark kosten, für den Saisonplatz werden von 1995 bis Ende diesen Jahres insgesamt zwei Millionen Mark aufgewendet. Von den Nutzern der Anlage wird zwar ein Platzgeld verlangt, doch nicht alle Kosten können damit gedeckt werden.

Auch die Sinti und Roma geraten in eine mißliche Lage. In diesem Jahr wird der saisonale Stellplatz am 2. Mai eröffnet, einen Monat früher als im vergangenen Jahr. Doch zwei Großfamilien sind schon seit März in der Stadt und ziehen seitdem von Parkplatz zu Parkplatz. Am Wochenende mußten sie auf Anraten der Polizei den Parkplatz am Olympiastadion verlassen. Übergriffe von Fußballfans seien nicht auszuschließen, erklärte gestern der Leiter des Abschnitts 24, Helmut Bauer. Außerdem seien öffentliche Parkplätze nicht für wildes Campieren gedacht. Die 15 bis 20 Wohnwagengespanne können bis zur Eröffnung des Stellplatzes in Dreilinden auf einem Spandauer Schwimmbad-Parkplatz bleiben, beschloß gestern das Bezirksamt Spandau.

Der Zehlendorfer Baustadtrat Klaus Eichstädt (CDU) erklärte, er wolle „nicht nach dem Sankt- Florian-Prinzip argumentieren“, doch müßten zunächst alle in Frage kommenden Plätze in der Stadt geprüft werden. Wenn die Wahl aus „nachvollziehbaren Gründen“ auf Zehlendorf falle, werde er dies akzeptieren. Doch genau dies ist bereits 1995 geschehen, als eine Arbeitsgruppe der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 23 Plätze prüfte. Das Ergebnis: der Platz in Dreilinden eignet sich am besten.

Der Dauerstellplatz sei von „gesamtstädtischer Bedeutung“, damit sei der Bezirk gezwungen, den Stellplatz im Bebauungsplan zu berücksichtigen, erklärte die Sprecherin der Senatsbauverwaltung, Kerstin Appelshäuser. Bausenator Jürgen Klemann (CDU), der dem Kreisverband Zehlendorf angehört, könnte das Verfahren an sich ziehen. Doch dies könne er nur nach Aufforderung der Jugendverwaltung tun. Dorothee Winden

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen