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Papst setzt Kinderschänder ab

Der des sexuellen Mißbrauchs von Kindern beschuldigte österreichische Kardinal Hans Hermann Groer bittet um Verzeihung für seine Sünden – und geht ins Kloster  ■ Aus Wien Ralf Leonhard

Kardinal Hans Hermann Groer, Österreichs umstrittenster Kleriker, wird, „dem Wunsch des Papstes entsprechend“, auf seinen Wirkungsbereich verzichten. In einem gestern bekanntgewordenen handschriftlichen Brief an Nuntius Donato Squicciarini brach er sein jahrelang bewahrtes Schweigen zu den Vorwürfen von Amtsmißbrauch und sexuellen Mißbrauchs von Jungs und bat Gott um Verzeihung. Die Formulierung, die „in den vergangenen drei Jahren zu meiner Person erhobenen Anschuldigungen“ seien oft unzutreffend gewesen, kommt einem Schuldbekenntnis gleich, auch wenn er nicht jeden unerlaubten Körperkontakt zu Seminaristen und Klosterbrüdern zugibt. Hätte der 78jährige Kardinal und Benediktinermönch nicht „freiwillig“ auf die Ausübung seiner Funktionen verzichtet, so wären ihm wesentlich peinlichere Sanktionen des Heiligen Stuhls sicher gewesen. Die Kardinalswürde darf er jetzt behalten.

Nuntius Squicciarini ließ wissen, der Schritt sei eine direkte Konsequenz der apostolischen Visitation vom vergangenen März, in deren Rahmen Kardinal Marcel Rooney als Abgesandter des Papstes, die Mönche im Benediktinerkloster Göttweig befragt hatte. Das nahe der Donau gelegene Stift ist der Stammsitz der Gemeinschaft Maria Roggendorf, in die sich Groer vor drei Jahren nach seiner Ablöse als Erzbischof von Wien zurückgezogen hatte. Zahlreiche Brüder hatten ausgesagt, sie seien von Groer geküßt oder an den Geschlechtsteilen betastet worden, Zärtlichkeiten, die auch bei großzügiger Auslegung in den strengen Benediktinerregeln nicht vorgesehen sind. Obwohl in der Katholischen Kirche die Unverletzlichkeit des Beichtgeheimnisses streng zu wahren ist, soll der Purpurträger einige Mönche mit diesen Informationen erpreßt haben.

Zwei Monate vor dem nächsten Papstbesuch in Wien kann die österreichische Bischofskonferenz erleichtert einen Schlußstrich unter das Kapitel Groer ziehen. Nie sind so viele Menschen aus der Kirche ausgetreten, nie war der Ruf nach Reform so laut wie in den vergangenen drei Jahren.

Schon als Groer 1985 zum Erzbischof von Wien ernannt wurde, hatten ehemalige Seminaristen Alarm geschlagen. Doch erst vor einigen Wochen leiteten die Bischöfe die Kehrtwende ein. In einer gemeinsamen Erklärung gaben sich vier der hohen Würdenträger überzeugt, daß „die Vorwürfe gegen Kardinal Groer im Grunde zutreffen“. Vor Ostern bat Wiens neuer Erzbischof Christoph Schönborn seinen Amtsvorgänger Groer, auf kirchliche Handlungen wie Priesterweihen zu verzichten.

Beim Papstbesuch im Juni wird Groer nicht mehr dabeisein. Wahrscheinlich zieht er sich in ein Benediktinerkloster im Ausland zurück. Vielleicht schickt man ihn, so empfiehlt einer der unzähligen Groer- Witze, in ein Nonnenkloster. Dort kann er keinen Schaden anrichten.

Kommentar Seite 12

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