: Auf dem Weg zur Entertainmentmaschine
■ Microsoft setzt durch Abkommen mit Sony und Intel weiterhin Standards für den kommenden Multimediamarkt. Mit der weltumspannenden Software aus Seattle sollen Internet, Computer und Fernsehen zu einer
Berlin (taz/AP) – Stein für Stein baut Microsoft an seinem Multimedia-Imperium weiter. Am Montag tauschte der Software-Konzern aus Seattle mit dem Elektronik- riesen Sony Lizenzen für Multimediageräte aus. Microsoft will Sonys „Home Network Module“ in sein Betriebssystem Windows CE einbauen, mit dem Taschencomputer und Elektronikgeräte laufen. Dafür wird Sony in seinen Videorecordern, Digitalkameras und internetfähigen Fernsehern Windows CE einsetzen. Damit solle „Ordnung in den verwirrenden Krieg der Standards“ gebracht werden, sagte Howard Stringer, Chef von Sony USA.
Das Lizenzabkommen mit Sony ist nur ein Teil von Microsofts Anstrengungen, die künftigen Standards des milliardenschweren Multimediamarkts zu setzen. Dort geht es jetzt darum, Fernsehen, Computer und Internet zu einer ganz neuen Unterhaltungsmaschine zusammenzuschweißen. In der vergangenen Woche schloß Microsoft ein Abkommen mit dem führenden Chip-Hersteller Intel. Die beiden Konzerne wollen erreichen, daß interaktive Fernsehprogramme auf dem PC laufen. Dann kann der Zuschauer beispielsweise Produkte online bestellen, die er gerade im Werbeblock während eines Krimis gesehen hat. Als erstes soll die „Intercast“-Technologie von Intel, mit der Fernsehproduzenten solche interaktiven Elemente mit ihrem Programm kombinieren können, in Microsofts neues Betriebssystem Windows98 integriert werden, das am 25. Juni auf den Markt kommt.
Microsoft ist allerdings auch für die umgekehrte Variante gewappnet: Zugang zum Internet über den Fernseher. Dazu wurde 1997 für 425 Millionen Dollar die Firma WebTV aufgekauft. Deren Software steuert das Zusatzgerät am Fernseher, das die Internetseiten auf den Bildschirm bringt und unter anderem von Sony produziert wird. In den USA hat WebTV bereits 300.000 Teilnehmer, bis Jahresende hofft Microsoft-Manager Craig Mundie auf eine Million. Das WebTV-System wird außerdem in Windows 98 untergebracht sein.
Die großen US-Fernsehsender sind von Microsofts Multimediaplänen alles andere als begeistert. Sie sehen die Zukunft des digitalen Fernsehens nicht in der Verquickung mit dem Internet, sondern im hochauflösenden HDTV-Format. Dieses liefert dem Zuschauer gestochen scharfe Bilder. Der Preis für die bessere Qualität sind riesige Datenmengen, die durch neue Kabelnetze mit hohen Übertragungsraten gesendet werden müssen. Will man aber parallel zum digitalen Fernsehprogramm noch Internetseiten übertragen – das ist das Konzept von Microsoft –, wird es zu eng auf dem Daten- Highway.
Bisher hat niemand Microsofts Pläne aufhalten können. Schon beginnen mit ABC und Fox zwei Fernsehsender auf deren Linie einzuschwenken. Doch am Horizont braut sich der nächste Sturm zusammen: Elf US-Bundesstaaten bereiten Kartellklagen gegen den Software-Giganten aus Seattle vor. Niels Boeing
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen