: Das Procedere des Impeachments
Das sogenannte Impeachment (aus dem lateinischen impedire – Knüppel zwischen die Beine werfen, behindern, zu Fall bringen) kommt einer verfassungsrechtlichen Quadratur des Kreises gleich. Die Verfassungsautoren fürchteten jede politische Gewalt und wollten sie aufteilen, um deren Mißbrauch zu verhindern.
Keine staatliche Gewalt sollte über die andere bestimmen, keine von der anderen abhängig sein, jede aber die andere blockieren können. Der Präsident sollte ebensowenig vom Parlament abhängig sein, wie der Kongreß von ihm. Andererseits durfte er nicht über dem Gesetz stehen und mußte also absetzbar sein. Was tun? Amerikas verfassungsgebende Versammlung ersann für genau definierte Verfehlungen ein kompliziertes zweiteiliges Verfahren der Amtsenthebung.
Des Amtes sollte ein Präsident (oder Richter) enthoben werden können, wenn er sich des Hochverrats, der Bestechung oder anderer sog. „High Crimes & Midemeanors“ schuldig macht. Was ein „misdemeanor“ (wörtlich: „Verfehlung, Vergehen“) eigentlich ist, darüber streiten sich die Rechtsgelehrten. Der Begriff entstammt dem englischen Recht. Eine Untersuchung der Präzedenzfälle, die in England bis ins Jahr 1386 und in den USA bis 1797 zurückreicht, legt nahe, daß damit Vergehen gegen den Staat gemeint sind.
Sind Clintons Lügen im Rahmen eines Zivilverfahrens ein solches Vergehen? Darüber hat der amerikanische Senat zu entscheiden.
Verwirrend ist, daß beide Teile des Verfahrens mit dem gleichen Begriff bezeichnet werden. In ihrem Bestreben danach, jede Ausübung von Macht zwischen Instanzen aufzuteilen, die sich gegenseitig blockieren können, machten sich Amerikas Verfassungsväter bei der Gestaltung des Impeachmentverfahrens die Teilung des Parlaments in zwei Häuser zunutze. Die eine Kammer klagt an, die andere richtet.
Aufgabe des Repräsentantenhauses (des amerikanische Bundestags) ist es, eine Anklageschrift auszuarbeiten. Diesen Auftrag hat das Plenum des Hauses am 15. Oktober seinem Rechtsausschuß gegeben. Der wird Ende dieses oder Anfang nächsten oder übernächsten Jahres dem Plenum eine Anklage vorlegen, die das Haus mit einfacher Mehrheit annimmt oder ablehnt. Erst dann beginnt der zweite Teil des Verfahrens.
Das Abgeordnetenhaus wendet sich als Ankläger an die andere Kammer, den Senat (Amerikas Ländervertretung). Der übernimmt daraufhin die Funktion eines hundertköpfigen Geschworenengerichts unter Vorsitz von Amerikas oberstem Richter und entscheidet mit Zweidrittelmehrheit darüber, ob der Präsident des Amtes enthoben werden soll.
Wegen strafbarer Handlungen wird der Beschuldigte nach einem Impeachment vor einem ordentlichen Gericht angeklagt. Gleichwohl glauben Verfassungsrechtler, daß Präsident und Senat auch eine Abmahnung oder eine Geldstrafe aushandeln könnten.
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