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Brauereiumbau nervt die Anwohner

■ Bewohner und Eigentümer der Häuser neben dem Victoria-Areal klagen über Baulärm. Investor: Im August wird es leiser

Änderungen im Bebauungsplan und Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten drohen den Bauherren des „Victoria Quartiers“ auf dem Gelände der ehemaligen Schultheiss-Brauerei in Kreuzberg. Anwohner und Eigentümer benachbarter Grundstücke wollen gerichtlich gegen die Träger des Bauvorhabens vorgehen. Die Firmen Veba, Realprojekt und Deutsche Bank errichten dort ein Kultur- und Dienstleistungszentrum, in das unter anderem die Berlinische Galerie einziehen soll.

„Von vor 6 Uhr und bis 21 Uhr wird auf dem alten Brauereigelände gearbeitet“, ärgert sich Dirk Westphal, als Mieter in der Dudenstraße selbst betroffen. Wegen Verletzung der Lärmschutzauflagen will eine Mieterinitiative gegen die Bauherren klagen. Die Klage unterstützen inzwischen über 40 Mieter. Insgesamt sind 160 Wohnungen betroffen, die direkt an der Südseite des Victoria Quartiers liegen. Außerdem haben die Betroffenen in den letzten Wochen ein Protokoll über die Verstöße gegen den Lärmschutz geführt. Es wurde gestern der Senatsumweltverwaltung übergeben, die die Vorwürfe derzeit überprüft. Nun drohen den Lärmverursachern Strafen wegen Ordnungswidrigkeiten. Zu 37 Verstößen sei es in den letzten Wochen bei den Abrißarbeiten gekommen, sagte Westphal.

Auch der Erbbauverein Moabit, dem angrenzende Grundstücke gehören, läßt gerichtliche Schritte prüfen. Dazu sei bereits ein Rechtsanwaltsbüro beauftragt, sagte Jörg Dresdner vom Erbbauverein. Die ständige Lärmbelästigung der Anwohner führte zu bereits Mietminderungen. Nun soll der Verursacher für diese Kosten aufkommen.

Willo Göpel von Realprojekt weist die Forderungen der Anwohner und Grundstücksbesitzer jedoch zurück. „Eine generelle Entschädigung wegen des Lärms kommt nicht in Frage. Eine Belästigung der Anwohner läßt sich nicht vermeiden“, meint Göpel.

Auch rechtlich hat der Erbbauverein nur geringe Chancen. Der Mieter darf nach der gängigen Rechtsprechung die Miete mindern, wenn er durch Baulärm aus der Nachbarschaft beeinträchtigt wird. „Ist jedoch der Baulärm ortsüblich, und das ist in Berlin der Fall, kann der Vermieter den Verursacher nicht in Regreß nehmen“, erklärt ein Sprecher des Berliner Mietervereins.

Auch der Bund der Haus- und Grundstücksbesitzervereine schätzt die Möglichkeit einer Entschädigungsregelung skeptisch ein. Seit Jahren sei in Berlin kein Fall bekannt, wo Eigentümer mit Entschädigungsforderungen erfolgreich waren.

Wohl auch deshalb bleibt Realprojekt-Sprecher Göpel gelassen und versucht die Anwohner zu beschwichtigen. „Im August sind die Abrißarbeiten beendet. Dann wird es leiser“, verspricht er. Die Anwohner kann er damit jedoch nicht beruhigen. Sie erwarten keine Abnahme des Lärms. Auch sei der Lärmpegel derzeit nicht mit dem des Brauereibetriebs zu vergleichen.

Nicht nur am Baulärm, sondern auch an der Höhe der Neubauten in unmittelbarer Nachbarschaft, die die Häuser in der Dudenstraße um 13 Meter überragen sollen, stoßen sich Anwohnern und Erbbauverein. „Seit Anfang 1998 haben wir es im Stadtteilausschuß mit Reden versucht“, berichtet ein Anwohner. Falls es bei diesem Vorhaben bleibe, werde die Mieterinitiative eine Feststellungsklage gegen den Bebauungsplan anstrengen. Dies könnte zu zeitlichen Verzögerungen für das Projekt führen. Marco Zschieck

„Eine generelle Entschädigung kommt nicht in Frage. Eine Belästigung der Anwohner läßt sich nicht vermeiden“

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