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Die Freiheit, nicht nur Frauenthemen zu machen

■ Feministische Literatur in Hamburg: Die Literaturwissenschaftlerinnen Dagmar von Hoff und Barbara Naumann von der Zeitschrift „figurationen“ im taz-Interview

taz: Wodurch unterscheidet sich „figurationen“ vom Vorgängerheft, dem „Rundbrief Frauen in der Literaturwissenschaft“?

Barbara Naumann: Das zeigt sich schon im Titel. „figurationen“ lässt alle möglichen Assoziationen zu: Konstellationen in der Gesellschaft, in der Politik, in der Kunst, zwischen den Geschlechtern. Der Untertitel „gender – literatur – kultur“ ist dabei das Programm: Es wird immer um einen dieser drei Punkte oder um alle zusammen gehen. Aber nicht querbeet und kraus und durcheinander, sondern zu Schwerpunktthemen wie im nächsten Heft zu „Frauen und Recht“.

Wo bleibt denn da die Literaturwissenschaft?

Naumann: Das Thema „Frauen und Recht“ hat mit Literatur insofern zu tun, als es sich mit dem Forschungsgebiet Recht und Literatur verbindet. Literaturwissenschaftliche Themen werden auch in „figurationen“ im Mittelpunkt stehen, aber mit der Öffnung zu den Kulturwissenschaften hin. Es geht uns darum, mit den soliden literaturwissenschaftlichen Methoden ein interdisziplinäres Feld zu bestimmen – nicht nur für Deutschland, sondern in der transatlantischen Perspektive.

Gibt es ein Vorbild?

Naumann: Nein. Das können wir ganz selbstherrlich sagen – denn so etwas gibt es einfach noch nicht. Als Typus hat zum Beispiel „Die Philosophin“ Pate gestanden. Aber wir wollen keine Zeitschrift machen, die „so ist, wie“. Wir betreten Neuland.

Dagmar von Hoff: Deshalb hat das erste Heft programmatischen Charakter. Es ist ein Regenbogenheft, ein Orientierungsheft, mit dem wir gleichzeitig an die Abonnentenschaft des „Rundbriefs“ anschließen wollen. Das feministische Publikum wollen wir zusätzlich mit eigenen Veranstaltungen, Veranstaltungshinweisen und Rezensionen ansprechen. Dadurch soll die Netzwerkfunktion der Zeitschrift erhalten bleiben.

Welches Netzwerk?

Naumann: Wie im alten Rundbrief geht es natürlich darum, Leserinnen auf dem Laufenden zu halten, die woanders als in den Metropolen Hamburg und Berlin sitzen. In Zukunft wird es auch eine Homepage geben.

von Hoff: Diese Zeitung ist ein Aufbruch. Das haben die 800 Abonnenten des alten „Rundbriefs“ auch so verstanden – und von einem großen Teil davon haben wir bereits Rückmeldungen, dass sie auch an den „figurationen“ interessiert sind.

Ist kein Protest gekommen, dass die „Frauen“ aus dem Titel verschwunden sind?

Naumann: Nein. Ich glaube, die Frauen haben verstanden, dass wir mit dem Heft auf eine neue historische Situation reagieren. Die Erweiterung der Themen ist eine Entsprechung des Wandels sowohl in der Forschungslandschaft als auch in der sozialen Landschaft. Das Ankommen der Frauen in gutbesoldeten Positionen und der starke Überhang von Frauen in der Studentenschaft unserer Fächer haben die Hochschule verändert. Deshalb ist es wohl auf positive Resonanz gestoßen, dass es nicht allein Frauenfragen sind, um die es geht.

Frauen haben nach wie vor nur eine Handvoll C4-Professuren.

Naumann: Das stimmt. Aber die Ausschlussmechanismen sind nicht alleine Schuld, dass Frauen noch nicht so weit sind. Es gibt nicht mehr nur die männliche Welt, die sich kategorisch verschließt.

von Hoff: Den feministischen Impetus sollte man dennoch aufrechterhalten. Institutionen arbeiten nach wie vor mit Ausschlussmechanismen. Das heißt nicht, dass Männer Frauen verhindern wollen, sondern dass eine männlich geprägte Struktur sich selbst reproduziert. Diese Mechanismen passieren unbewusst. Plötzlich merkt dann jemand: „Huch, es ist wieder gar keine Frau dabei.“

Ich bin für einen pragmatischen Ansatz: Man kann ja einerseits Theorie machen und andererseits bei einer Demo dabei sein. Einen intellektuellen Zusammenhang subtil, genau und komplex zu beschreiben ist etwas anderes, als auf der Straße Partei zu ergreifen.

Naumann: Es ist aber erstens kein unpolitisches Statement, die Zeitschrift hin zu den Kulturwissenschaften zu öffnen. Zweitens wird es weiterhin explizit feminis-tische Themen geben. Drittens ist es eben gerade auch ein Zeichen der Emanzipation, dass Autorinnen sich nicht immer nur über Frauenthemen definieren. Der Spielraum ist heute weiter als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren.

Das ist die politische Message: Die Freiheit nehm' ich mir, als Frau über ein Thema zu arbeiten, das nicht nur die Frau in den Mittelpunkt stellt.

Zwei der zwölf Beiträge in der Nullnummer sind von Männern. Gibts eine Quote?

Naumann: Nein. Grundsätzlich legen wir weder für Autorinnen noch für Autoren eine Quote fest.

Was sagen denn die Männer hier am Institut eigentlich zum neuen Heft?

von Hoff: Alle sind gespannt. (Lachen.) Interview:

Ulrike Winkelmann

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