Ich heirate einen Volltrottel

Die neue Er-Te-El-Show mit Reiner Weber-Merde und fast 51 ehewilligen Kandidaten

Fanfaren. Auftritt des Moderators. Applaus. Reiner Weber-Merde begrüßt das Publikum:

„Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich begrüße Sie zur neuen Er-Te-El-Show ‚Ich heirate einen Volltrottel‘. Fünfzig Damen bewerben sich für eine Ehe – und das ist das Besondere unserer neuen Show – mit Lothar Winkler. Jaaaa – wir müssen unseren Kandidaten nicht verstecken. Er ist großartig. Und hier kommt Lothar Winkler.“

Applaus. Fanfaren. Scheinwerfer. Die Showtreppe hinab schlurft ein Mann in Jogginghosen und Unterhemd. Er ist unrasiert, die Haare kleben an der verschwitzten Stirn. In der Linken hält er eine Bierdose, in der Rechten eine Fernbedienung.

„Wie geht es Ihnen?“, schnarrt Weber-Merde ihn an.

„Tach“, blinzelt Winkler in die Kamera und lässt die Fernbedienung in der Hosentasche verschwinden. Winkler wirkt wie eine jüngere Ausgabe von Hellmuth Karasek ohne Brille.

„Und hier sind auch schon unsere fünfzig hübschen Damen“, trötet Weber-Merde in den Saal.

Fünfzig Frauen in Abendkleidern marschieren herein. Reiner Weber-Merde eilt auf sie zu und leckt sich die Lippen.

„Meine Damen, das ist er“, deutet er auf Winkler. „Sie wissen, meine Damen, das sind unsere Spielregeln: Was zählt, sind Charakter, Liebe, Partnerschaft – keine äußeren Werte“, mahnt Weber-Merde mit strengem Blick. „Und wie gefallen sie Ihnen?“, lockt er Winkler näher.

„Ach“, Lothar Winkler weiß nicht recht wohin mit den Händen und stellt erst einmal die Bierdose ab. Seine Hose rutscht und macht den Blick auf eine gewaltige Arschkimme frei.

„Lothar Winkler ist 42 und Gerüstbauer. Seine Hobbys sind Fernsehen, Frauen und Fummeln. Die drei großen F., wenn Sie verstehen, was ich meine“, zwinkert Weber-Merde in die Kamera – und wird auch schon unterbrochen. Werbung.

Fanfaren. Reiner Weber-Merde lächelt wieder in die Kamera:

„Wir kommen zu unserer Kennenlern-Runde. Film ab!“

Ein Video wird eingespielt und zeigt die Kandidatin Gudrun am Strand im Bikini und beim Friseur – nackt.

„Gudrun, Sie gehen gern nackt zum Friseur?“ Weber-Merde hält ihr ein Mikrofon vors Gesicht.

„Mein Mann mag das! Er ist Friseur“, antwortet sie, und Weber-Merdes Gesicht fällt für eine Sekunde zusammen: „Wie? Ihr Mann? Ich denke, Sie wollen Lothar Winkler heiraten?“

„Ja, ich will“, haucht Gudrun. Weber-Merde knickt beinah ein, wird aber von einer erneuten Werbe-Unterbrechung gerettet.

Fanfaren. Weber-Merde strahlt wieder in die Kamera: „Zurück zu ‚Ich heirate einen Volltrottel‘. Ein Mann und fünfzig heiratswillige Damen. Jede muss sich vorstellen. Und Lothar Winkler darf sich eine aussuchen.“ Weber-Merde blinzelt auf seine gelben Karteikarten, als ob er etwas vergessen habe, dann zerrt er Winkler vor die Kamera, der sich jetzt im Schritt kratzt.

„Lothar, wir hatten bereits die erste Vorstellung: Gudrun.“ Lothar Winkler scheint jetzt hellwach zu sein: „Nöö, will ich nicht!“, knurrt er den Moderator an. Weber-Merde versucht zu lächeln: „Aber Sie sind hier in einer Hochzeitsshow. Und die Damen wollen Sie, Lothar!“

Lothar Winkler zieht die Jogginghose über den Bauchnabel: „Nöö, die Gudrun nicht!“ Weber-Merde sieht ihn entgeistert an. „Ich kenn Gudrun doch“, setzt Winkler nach, „wenn ich abends nicht spüle, setzt es was.“

„Sie kennen Gudrun?“ Weber-Merde versteht die Welt nicht mehr. „Ich denke, Sie sind nicht verheiratet?“

„Bin ich auch nicht“, triumphiert Winkler, dem der Bierdurst jetzt deutlich anzusehen ist: „Nicht mit der Gudrun.“

Weber-Merde kapituliert: „Aber mit einer anderen ...?“ Winkler steuert die Damen an und bleibt vor einer stehen: „Hier, die Susi, mit der bin ich seit 14 Jahren verheiratet.“

Am Bildrand bricht Reiner Weber-Merde zusammen. Werbung. MICHAEL RINGEL