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Ganz offen mit Tendenz zum Schloss

Die Kommission Historische Mitte Berlin hat gestern ihre Arbeit aufgenommen. Der Vorsitzende Hannes Swoboda plädierte gegen einen „faulen Kompromiss“ und für eine „großartige Lösung“. Empfehlung Ende des Jahres geplant

Der Blick war schon mal nicht schlecht. Als Bundesbauminister Kurt Bodewig (SPD) nach der konstituierenden Sitzung der Schlossplatzkommission im Staatsratsgebäude vor die Presse trat, lag die zu lösende Aufgabe vor seinen Augen. Anders freilich als Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der aus derselben Perspektive bereits zum Schlossfan wurde, wollte Bodewig kein Urteil vorwegnehmen. Alles ist offen, lautete Bodewigs Botschaft. Und alles ist möglich.

Ganz so wollte dies der österreichische Kommissionsvorsitzende Hannes Swoboda allerdings nicht stehen lassen. „Ein bisschen Schloss, ein bisschen Palast und ein bisschen Neubau“ werde es nicht geben, sagte Swoboda, der zuvor vier Stunden lang das erste Zusammentreffen der 17 Kommissionsmitglieder moderiert hatte. Swoboda, der selbst aus seiner Vorliebe für eine Rekonstruktion „weiter Teile“ des ehemaligen Preußenschlosses kein Hehl macht, plädierte gestern entschieden gegen einen „faulen Kompromiss“. Vielmehr müsse eine „großartige Lösung“ gefunden werden.

Zugleich umriss der Europaabgeordnete der SPÖ die Arbeitsfelder, die die Kommission in den nächsten Monaten zu absolvieren hat. „Zuerst diskustieren wir über den Stadtraum, dann über die Nutzung, drittens über die Finanzierung und zuletzt über die Architektur.“ Bis Ende des Jahres will die Kommission der Bundesregierung und dem Senat sowie dem Bundestag und dem Abgeordnetenhaus eine Empfehlung vorlegen. Der Rest sei Sache der Politik.

Die wollte sich gestern allerdings noch nicht festlegen. Bauminister Bodewig ließ sogar offen, ob die Bundesregierung noch vor den nächsten Wahlen entscheiden werde. Und Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen hatte in der Vergangenheit ohnehin angedeutet, sich nicht unbedingt an eine Empfehlung der Kommission halten zu wollen. Grund: Das Gremium, dem neben Swoboda auch Schlossgegner wie der Präsident der Bundesarchitektenkammer, Peter Conradi, oder der Architekturhistoriker Bruno Flierl angehören, war dem Preußenfan Diepgen von Anfang an höchst suspekt.

Gleichwohl war gestern hinter vorgehaltener Hand von einer „Tendenz“ in Richtung Stadtschloss die Rede. Ganz offiziell freilich geben sich alle Beteiligten ergebnisoffen. Der Diskussionsprozess der Kommission, die sich alle zwei Monate treffen soll, solle jedenfalls äußerst transparent vonstatten gehen, betonte Bauminister Bodewig. So sei bereits im April ein Hearing geplant, bei dem sämtliche Initiativen, die eigene Vorschläge entwickelt haben, zu Wort kommen sollen. Darüber hinaus sollen die wichtigsten Pläne in einer Ausstellung der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.

Gestern aber ging es nach der Sitzung erst einmal ins Freie: Senatsbaudirektor Stimmann lud zum Spaziergang über den Schlossplatz. UWE RADA

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