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SACHSENS MINISTERPRÄSIDENT ENTLÄSST SEINEN FINANZMINISTERBiedenkopfs wunderlicher Wandel

In dieser Rolle wusste uns Kurt Biedenkopf jahrelang zu erfreuen: als Stachel im politischen Fleische des Helmut Kohl. Der brillante Analytiker stilisierte sich als Antipode zum Machtpolitiker. Wann immer sich Gelegenheit bot: Der Kleine aus Sachsen zwackte den Riesen aus Oggersheim mit Widerspruch und wohlfeil formulierter Kritik. Besonders zum Thema Führungsstil. Zu sehr an der Macht kleben, keinen neben sich dulden, die personelle Erneuerung verhindern – das beklagte Biedenkopf schon früh als sehr gefährlich für die Zukunft der Union. Die konservative Gegenwart gibt Sachsens Regierungschef nachträglich Recht. Umso verwunderlicher ist der Wandel, den Biedenkopf vollzieht, seit ihm der Sparringspartner abhanden gekommen ist. Aus Kurt wird Helmut.

Spätestens seit letztem Sommer fragt sich Sachsens CDU besorgt: Was kommt nach „König Kurt“? Für Biedenkopf, der am Wochenende seinen 71. Geburtstag feierte, kein Thema, das zu diskutieren lohnt. Mehr noch: Diskussionen verbieten sich von selbst. Er selbst wird entscheiden, wer sein Nachfolger wird. Er selbst will vorgeben, wie dieser aufgebaut wird. Und selbstredend wird über den Abtritt Biedenkopfs allein Biedenkopf entscheiden.

Verblüffend fiel nach zehn Jahren Biedenkopf dieser Tage auf, dass sein Finanzminister Georg Milbradt ein „miserabler Politiker“ ist. Der Wahrheitsgrad dieser Erkenntnis darf zu Recht angezweifelt werden.

Hintergrund ist vielmehr die Gefahr, die von Milbradt – trotz seines rigiden Sparkurses Sachsens zweitbeliebtester Politiker – für den Machtpolitiker Biedenkopf ausging. Nicht dass Milbradt offen Ambitionen verkündet hätte – im Gegenteil, bislang wiegelte Milbradt stets ab. Es reichte aus, dass ein Vertrauter des Finanzministers gegen den zwar farblosen, aber biedenkopfgetreuen CDU-Fraktionschef antrat. Für Biedenkopf ein derartiger Affront, dass er den Finanzminister in der letzten Woche anknockte und gestern auszählte.

Derlei Machterhaltungspolitik wurde nicht zum ersten Mal in Sachsen praktiziert. Zuletzt traf es den unbändig ehrgeizigen Kulturminister Rößler.

Kurt wird zum Helmut. Und weit und breit kein neuer Biedenkopf in Sicht. NICK REIMER

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