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Warum Enron nicht deutsch wurde

Schon vor drei Jahren entdeckten Buchprüfer der Essener Veba frisierte Zahlen bei Enron – und bliesen die Fusion ab

BERLIN taz ■ Hinweise auf eine instabile Finanzstruktur beim jetzt kollabierten amerikanischen Energieriesen Enron haben offensichtlich vor drei Jahren eine geplante Fusion mit dem deutschen Mischkonzern Veba verhindert. Die New York Times berichtete gestern, Buchprüfer im Auftrag von Veba hätten bereits damals Unregelmäßigkeiten in den Enron-Bilanzen festgestellt. Der ehemalige stellvertretende Vorstandschef von Enron, Cliff Baxter, hat am Freitag Selbstmord begangen. Baxter hatte im Mai 2001, noch vor der Unternehmenspleite gekündigt.

Sowohl Enron als auch Veba hatten 1999 nach der Deregulierung der Energiemärkte in Europa nach möglichen Fusionspartnern Ausschau gehalten. Im Rahmen der Gespräche über einen Zusammenschluss hatte der deutsche Konzern mehrere Beratungsfirmen und Analysten beauftragt, die Bilanzen von Enron zu überprüfen. Dabei, so die New York Times, habe die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers festgestellt, dass Enron Schulden von mehreren hundert Millionen US-Dollar durch Abrechnungstricks und Geschäfte mit Tochterfirmen aus den Bilanzen getilgt hatte. Die Berater hätten Veba daraufhin dringend von einer Fusion abgeraten.

Wie weit die Fusionsgespräche bereits fortgeschritten waren, ist nicht bekannt. Nach ungenannten Quellen sei man sich aber bereits über Düsseldorf als Sitz des neuen Unternehmens und die Besetzung des Vorstandes – mit dem damaligen Veba- und heutigen Eon-Chef Ulrich Hartmann – einig gewesen. Nach dem Ausstieg aus den Verhandlungen mit Enron hatte sich die Veba mit Viag zu Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern Eon zusammengeschlossen.

In Houston, Texas, wurde am Freitag die Leiche des ehemaligen stellvertretenden Enron-Chefs Clifford Baxter gefunden. Wie die Polizei in Houston bestätigte, hat sich Baxter durch einen Schuss in den Kopf selbst getötet. Der ehemalige Spitzenmanager hatte im Mai letzten Jahres noch vor dem Bankrott des Unternehmens seinen Posten aufgegeben. Zuvor soll Baxter intern Kritik an der finanziellen Praxis geübt haben. Er wird jedoch gemeinsam mit anderen Enron-Vorständen beschuldigt, zwischen Januar und November 2001 in Kenntnis der Geschäftslage Enron-Aktien abgestoßen zu haben – bevor deren Kurs abstürzte. Im Baxters Fall handelt es sich um Aktien im Wert von 9 Millionen US-Dollar. Nach Angaben von Freunden ist Baxter depressiv gewesen. DF

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