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Aufschwung ade

Hohe Ölpreise, ein teurer Euro, Angstsparen der Verbraucher – ein Krieg gegen den Irak könnte die deutsche Konjunktur teuer zu stehen kommen

von KATHARINA KOUFEN

Der Krieg ist wohl nicht mehr abzuwenden – die Verschärfung der Wirtschaftskrise auch nicht. Doch während die Bundesregierung weiter so tut, als gäbe es noch Hoffnung auf Frieden, spricht man unter Konjunkturexperten Klartext. Der Präsident des Bankenverbandes, Rolf Breuer, gab gestern seine Prognose für Deutschland bekannt: Nur ein halbes bis ein dreiviertel Prozent Wachstum in diesem Jahr – deutlich weniger, als die Regierung hofft. EU-Währungskommissar Pedro Solbes kündigte an, die Zentralbank könne auf einen Krieg mit einer erneuten Zinssenkung reagieren. Und der DAX sank gestern auf ein neues Tief, diesmal ein Siebenjahrestief.

Der Grund für die schlechte Stimmung: Niemand vermag zu sagen, welche Kosten der Krieg den Volkswirtschaften aufbürden wird. Da wären zunächst die direkten Ausgaben der US-Regierung. Deren Höhe ist bei den Experten umstritten. Nur eins ist sicher: Mit den 61 Milliarden Dollar, die der Golfkrieg 1991 laut offiziellen Angaben gekostet hat, ist es diesmal nicht getan. „Im besten Fall 99 Milliarden, im schlimmsten Fall 1,9 Billionen Dollar“, sagt der amerikanische Ökonom Wiliam Nordhaus voraus. Die eigentlichen Kriegskosten sind dabei mit 140 Milliarden Dollar relativ gering. Der Löwenanteil entsteht mit 778 Milliarden durch die Verluste an den Ölmärkten. An den Börsen wird der Krieg laut Nordhaus 391 Milliarden Dollar vernichten.

Die australischen Ökonomen Warwick McKibbin und Andrew Stoeckel rechnen bei einem langen Krieg mit fünfjähriger Besatzung mit Kosten von 3,57 Billionen Dollar für die Weltwirtschaft. Und der Bremer Professor Rudolf Hickel geht davon aus, dass der Wiederaufbau bis zu 605 Milliarden Dollar kosten könnte.

Auf Deutschland kommen keine oder nur geringe direkte Kriegskosten zu. Sollte die Bundeswehr sich doch noch etwa an logistischer Hilfe beteiligen, würde dies nach Experten-Einschätzung aus dem Verteidigungshaushalt finanziert.

Wahrscheinlicher ist, dass sich Deutschland beim Wiederaufbau und der Flüchtlingshilfe engagiert. Dies wäre Sache des Entwicklungsministeriums. Dort verweist man darauf, dass „die UN-Hilfsorganisationen von deutscher Seite schnell und unbürokratisch“ unterstützt werden könnten. Über eine längerfristige Zusammenarbeit mit dem Irak will man sich im Ministerium noch keine Gedanken gemacht haben. Angeblich überlegt das Finanzministerium auch nicht, wie eine solche Hilfe finanziert werden könnte. „Solange es keinen Krieg gibt, machen wir dazu keine Planungen“, sagte eine Sprecher der taz.

Schlimmer als die Aufbaukosten würden Deutschland die indirekten Folgen des Krieges treffen. Dazu gehört die Zukunftsangst, die Menschen vom Geldausgeben abhält, und ein starker Euro, der die Exporte abwürgen würde. Dazu gehören aber auch teure Sicherheitsmaßnahmen, wenn al-Qaida und Co. als Rache für eine Besatzung mit neuen Terroranschlägen drohen. Hickel hat die Kriegsfolgen analysiert und gelangt zu dem Fazit: Ein Krieg gegen den Irak wäre auch ökonomisch Wahnsinn.

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