Wochenübersicht: Bühne: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Als Maxim Gorki vor genau einhundert und einem Jahr das Stück „Nachtasyl“ schrieb, bot sich der Kommunismus noch als utopisches Konzept der Erlösung an. So gesehen waren die Elendsgestalten in Wassilissas Etablissement Vorboten einer besseren Zeit, in der es Leute wie sie nicht mehr geben würde. Inzwischen sieht die Welt deutlich anders, aber noch nicht besser aus. Bloß wird das Elend nicht mehr vom Zauber der Utopie bestrahlt. Alexander Lang, dessen Inszenierungen am Deutschen Theater in den 80er-Jahren zu den Höhepunkten der DDR-Theatergeschichte gehören, inszeniert die berühmten „Szenen aus der Tiefe“ jetzt am Maxim Gorki Theater. Elend war auch die Dichterin Danielle Sarréra, die sich 1949 17-jährig das Leben nahm. Vor 30 Jahren platzten in die satten Siebziger in Paris ein paar frisch gefundene Schulhefte mit Texten der Selbstmörderin, einzige biografische Spur und bald Kultliteratur. Radikale Sätze, krasser Nihilismus: gegen Sarréra wirkt sogar Antonin Artaud wie ein freundlicher Optimist. Wenn es sie denn wirklich gegeben hätte. Inzwischen sind nämlich Zweifel aufgetaucht, ob nicht die ganze Frau in Wahrheit eine Kunstfigur ist. Im Orphtheater befasst sich in einem „Alaska“ überschriebenen Abend ab Mittwoch Lilith Rudharts Theatergruppe „Arsenik.Blüten“ mit der Figur und den Texten, denen sie ihren mythischen Ruhm verdankt. Donnerstag hat in der Schaubühne der neue Tanzabend „Insideout“ von Sasha Waltz Premiere. Und kaum hat die Spielzeit begonnen, geht sie in der Volksbühne für die „Neustadt“ schon wieder zu Ende. Samstag wird mit einem Konzert Abschied von Bert Neumanns Mehrzweckbühne gefeiert. Wer Castorfs gefeierte Dostojewski-Inszenierung „Der Idiot“ noch mal sehen will, sollte dies dringend heute oder morgen tun. Sonst wird’s erst wieder was im nächsten Jahr.
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