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Der Kampf geht weiter

Ob Einzelhandelskauffrau oder Mechatroniker: Für 15.000 Hamburger SchülerInnen beginnt jetzt die Suche nach den richtigen Lehrstellen. Kammern empfehlen: Informieren, was es alles gibt

„Ich habe den Eindruck, viele wissen nicht, welche Berufe es gibt. Da wird das Erstbeste gelernt.“

von Peggy Wolf

Es ist Krieg: Er heißt Ausbildungsmisere oder Lehrstellenmangel. Schuld daran, so sind sich Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften einig, ist die lahmende Konjunktur. Frieden soll die Ausbildungsplatzabgabe stiften, da freilich sind sich Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht einig. Trotz politischer Wirren und schlechter Wirtschaftslage endet auch im kommenden Juli das Schuljahr. Die etwa 15.000 Hamburger Schulentlassenen müssen dann ihren Frieden finden: eine Lehrstelle.

Eine Jacke hängt schief. Was heißt eine: Auf den meterlangen Kleiderstangen im ersten Stock der „Galeria Kaufhof“ in der Mönckebergstraße hängen viele Jacken schief. Einige liegen sogar auf einem Haufen vor den Unkleidekabinen. Nicht lange, schon kommt, lächelnd, Janine Dubbe im dunkelblauen Kostüm und hängt die einen gerade, die anderen auf die Bügel und dann in die Reihen. Die 23-Jährige hat, bevor sie Lehrling in der „Damenoberbekleidung“ des Kaufhauses wurde, schon in einem kleinen Geschäft Schuhe verkauft – als Test, ob der Beruf der Einzelhandelskauffrau wirklich etwas für sie ist. „Das war nach dem Gymnasium und nach der Fachhochschulreife“, sagt die Schenefelderin. „Für ein Jahr. Erst dann habe ich mich auf diese Lehrstelle beworben.“ Das Arbeitsamt hatte sie ihr vermittelt.

Janine Dubbe und ihre zehn „Galeria“-KollegInnen des Ausbildungsjahres 2003 sind jeden Dienstag und Donnerstag in der Berufsschule. Die sechs jungen Frauen und fünf Männer, alle im Alter von 16 bis 23 Jahren, haben im ersten Lehrjahr viel gelernt. Janine Dubbe: „Ich bin sicherer in den Verkaufsgesprächen geworden, dazu haben wir neben der Berufsschule noch extra Seminare hier im Haus, außerdem habe ich in der Berufsschule viel über Bekleidung, Stoffe, Rechnungswesen gelernt.“ Im ersten Berufsschulzeugnis erwartet sie einen Durchschnitt von 1,0. Zwei Jahre wird sie noch Lehrling sein, danach will sie einen Schritt weiter auf der Karriereleiter klettern und eine so genannte Erstverkäuferin werden.

Janine Dubbe ist ein Glücksfall für Kaufhof-Ausbildungsleiter Jürgen Marquardt (58). „Für uns ist, neben guten Noten in Mathe, Englisch und Deutsch, die Kundenorientierung wichtig“, sagt er. „Unsere Mitarbeiter bewegen sich täglich wie auf einer Bühne, immer vor Publikum. Da ist Offenheit, Freundlichkeit im Umgang A und O. Das muss der Nachwuchs mitbringen.“

Einzelhandelskauffrau wird in Hamburg jedes zehnte Mädchen, wie Zahlen des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein zeigen. Vor zwei Jahren verließen 15.166 Mädchen und Jungen Hamburgs Schulen. Zwei Drittel davon, 10.079, haben eine Lehre begonnen. 1.030 Mädchen wurden Kauffrau im Einzelhandel, 985 Jungen Kraftfahrzeugmechaniker. Diese Berufe rangieren seit zehn Jahren – neben Zahnarzthelferin oder Friseurin, Gas- und Wasserinstallateur oder Bankkaufmann – auf den vordersten Plätzen. Und das, obwohl es laut Statistik über 300 Lehrberufe in Hamburg gibt.

Warum immer die gleichen Berufe gewählt werden, können sich weder Fin Mohaupt (29), Referent für Bildungspolitik bei der Handelskammer Hamburg, noch seine Kollegin Angela Hellberg (41) von der Handwerkskammer erklären. „Ich habe den Eindruck, dass viele nicht wissen, welche Berufe es gibt. Da wird das Erstbeste gelernt, weil die Freundin, der Nachbar auf der Schulbank das werden will“, sagt Mohaupt. „Dabei gibt es das Internet für den ersten Überblick, das Arbeitsamt berät, unsere Mitarbeiter gehen in die Schulen und erzählen von Berufen.“ Und die Anforderungen sind zwar je nach Beruf verschieden, aber mindestens: Hauptschulabschluss, eine 3 in Mathe und Deutsch, dazu Interesse am Beruf, Hartnäckigkeit, Ehrlichkeit, Freundlichkeit – „mal abgesehen von pünktlich, fleißig, ordentlich“, sagt Angela Hellberg.

Also freie Wahl den Tüchtigen? „Jeder Betrieb und jede Firma braucht Nachwuchs“, so Hellberg, „aber gute Noten reichen eben nicht, die Chemie muss stimmen.“ Der Rest sei manchmal „auch nur Glück“.

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