: Keine Einigung im Sicherheitsrat
Der Irak-Resolutionsentwurf von USA und Großbritannien stößt auch bei der irakischen Interimsregierung auf Widerspruch. Noch immer ist die Rolle der „multinationalen Streitmacht“ umstritten, wie die Besatzungstruppen ab 30. Juni heißen sollen
AUS GENF ANDREAS ZUMACH
Der angloamerikanische Entwurf für eine neue Irakresolution der UNO stößt weiterhin auf zahlreiche Bedenken und Veränderungsforderungen – nicht nur bei einer Mehrheit der Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrates, sondern auch bei der Anfang der Woche etablierten Interimsregierung in Bagdad. Deren Außenminister Hoschijar Sebari nahm in der Nacht zum Freitag erstmals an den Beratungen des höchsten UNO-Gremiums teil.
Hauptstreitpunkte sind weiterhin das Mandat und die Stationierungsdauer der „multinationalen Streitmacht“ (MNS), als die die US-geführten Besatzungstruppen ab 30. Juni firmieren sollen, sowie die Rechte der Interimsregierung insbesonders in Sicherheitsfragen. Außenminister Sebari forderte vor dem Sicherheitsrat, die Interimsregierung müsse das Recht erhalten, die Präsenz der MNS jederzeit zu beenden. China, Frankreich, Russland und andere Mitglieder des Rates unterstützen diese Forderung. Deutschland allerdings nur mit Einschränkungen, wie Botschafter Gunter Pleuger deutlich machte. Die Bundesregierung möchte erst einer weiteren Übergangsregierung, die im Januar 2005 gewählt werden soll, das Recht einräumen, den Abzug aller ausländischen Truppen durchzusetzen.
Ebenfalls mit Unterstützung einer Mehrheit des Sicherheitsrates verlangte Außenminister Sebari für die Interimsregierung das „uneingeschränkte Kommando“ über die im Aufbau befindliche irakische Armee sowie alle anderen „eigenen Sicherheitskräfte“ des Landes. Das ist im angloamerikanischen Resolutionsentwurf bislang ebenso wenig vorgesehen wie klare Mitsprache- und Entscheidungsrechte der Interimsregierung über künftige Einsätze der „multinationalen Streitmacht“. Die Bush-Administration möchte all diese offenen Fragen nicht in der Resolution regeln, sondern in „bilateralen Verhandlungen“ im „Rahmen unserer Sicherheitspartnerschaft mit der irakischen Regierung“, wie US-Botschafter John Negroponte formulierte.
Der irakische Außenminister forderte für die Interimsregierung die „volle Kontrolle“ über die Ölindustrie des Landes. Diese Kontrolle liegt derzeit noch bei der US-geführten Besatzungsverwaltung sowie bei vornehmlich US-amerikanischen Konzernen. Im angloamerikanischen Resolutionsentwurf ist bisher lediglich vorgesehen, dass die Interimsregierung über die Verwendung künftiger Einnahmen aus Ölverkäufen bestimmen darf – allerdings auch dieses nur in Absprache mit einem von Washington dominierten Gremium. Mit dieser Regelung solle „Korruption“ verhindert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen