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Schmerzvolle Erinnerungen

Im weißrussischen Minsk versuchen Schüler, die Situation derjenigen zu verstehen, die während der Nazizeit in Deutschland als Zwangsarbeiter schuften mussten. Unterstützt wird das Projekt von der Heinrich-Böll-Stiftung

Mit großem Pomp ließ Weißrusslands Diktator Alexander Lukaschenko am 9. Mai den sowjetischen Sieg über Nazi-Deutschland feiern. Das Gedenken an ruhmreiche Zeiten sollte die Bürger zumindest eine Zeit lang die Probleme des Alltags vergessen machen. „Für viele Leute hat aber auch die Erinnerung nichts Tröstliches“, sagt Dieter Bossmann von der Kieler Niederlassung der Heinrich-Böll-Stiftung. Die nach Deutschland verschleppten Zwangsarbeiter sind nach wie vor nicht rehabilitiert. Grund für die in der Zwangsarbeiterthematik stark engagierte Böll-Stiftung, ein Schulprojekt in Minsk zu unterstützen, bei dem sich SchülerInnen mit dem Schicksal der ehemaligen Zwangsarbeiter beschäftigen.

„Zwangsarbeiter galten bei uns nicht viel“, erläutert Alexander Nasartschuk, Mitarbeiter am Goethe-Institut Minsk. Umso mehr freuten sich die alten Leute, als plötzlich die 14- bis 17-jährigen SchülerInnen von der Minsker Schule Nr. 34 sich für ihre Lebensgeschichte interessierten. „Über die Zwangsarbeiter dachten viele, dass sie sich in Deutschland erholt hätten, während hier die Menschen im Krieg starben“, fasst die 16jährige Olga die noch immer weit verbreiteten Vorurteile zusammen.

Von einem vergnüglichen Aufenthalt in Deutschland kann allerdings keine Rede sein. Wladimir Werjowkin beispielsweise kam mit 16 nach Kiel und musste dort im Gaswerk täglich 14 Stunden schuften. Erniedrigung und Schmutz sind die alles beherrschenden Erinnerungen: „Es gab keine Freude, nur Hunger und Tränen.“ Geschichten wie diese und weit schlimmere hörten die jungen WeißrussInnen bei jedem ihrer Gespräche. Akribisch tippten sie die Interviews ab, machten daraus Wandzeitungen für die Schule und regten Diskussionen mit Eltern und Lehrern an.

Ermöglicht wird das Projekt mit ganz geringen Mitteln, die vor allem aus verschiedenen Stiftungen, vom Landes-Jugendministerium und privaten Sponsoren stammen. „Wir würden auch gerne regelmäßige Schülerbesuche zwischen Minsk und Schleswig-Holstein initiieren“, sagt Dieter Bossmann. Dafür müssen jetzt Zuschüsse besorgt werden. Zumindest aber sollen demnächst die von den Minsker SchülerInnen ins Deutsche übersetzten Aufzeichnungen der Zeitzeugen-Gespräche in einer Ausstellung einem breiten Publikum in Norddeutschland zugänglich gemacht werden.

Holger Elfes

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