„Das neue Logo spiegelt nur die Realität“

Grünen-Politiker Werner Schulz über die schrumpfende Bedeutung der ostdeutschen Bürgerrechtler in der Partei

taz: Herr Schulz, auf dem neuen Logo der Grünen ist das Bündnis 90 auf die Größe einer Fußnote geschrumpft. Fühlen Sie sich als Bürgerrechtler von der eigenen Partei entsorgt?

Werner Schulz: Na, ganz so ist es nicht. Aber ich bin froh, dass der Schriftzug Bündnis 90 überhaupt noch vorkommt. In der Partei wird auch darüber diskutiert, ihn ganz zu streichen.

Das ist eine recht zahme Antwort für jemanden, der einst Gerhard Schröder und die rot-grüne Koalition herausgefordert hat. Sind die Bürgerrechtler bei den Grünen so unbedeutend geworden, dass sie mit Almosen zufrieden sein müssen?

Diese Unterstellung ist Quatsch. Es gibt aber eine Realität, der dieser Schriftzug gerecht wird. Das Erbe der DDR-Opposition hat bei den Grünen leider nicht die Bedeutung gefunden, die es haben könnte. Das scheint beispielsweise bei der Fusion zur Linkspartei anders zu sein. Die größere PDS verkauft die sehr viel kleinere WASG offensiv als Verstärkung.

Ursprünglich war auch die Vereinigung von Bündnis 90 und Grünen als eine Fusion auf Augenhöhe gedacht.

Das war sie auch. Nur befanden sich die Grünen damals in der Hocke und mussten sich an uns aufrichten. Sie waren gerade aus dem Bundestag geflogen und befanden sich im Tief. Inzwischen ist das anders, das politische Gewicht liegt im Westen. Fakt ist aber, wir sind die Partei der Ökologie und der Bürgerrechte. Beides gehört zusammen. Und das muss im Logo erkennbar bleiben.

Also braucht man das Bündnis im Parteinamen noch?

Ja. Bündnisgrün ist mehr als grün. Es ist eine Zusammensetzung, wie beispielsweise „sozialdemokratisch“. Bündnis 90 steht dabei ebenso für Reformbündnisse wie für den aktiven Kampf für die Menschenrechte. Das ist ein Erbe, das keine andere Partei vorweisen kann.

Den Kampf für Menschenrechte verbindet man nicht mehr unbedingt mit Ihrer Partei. Angela Merkel kritisiert Russland so, wie man es sich von den Grünen zu Regierungszeiten gewünscht hätte.

Schon deswegen ist das Erbe der Bürgerrechtsbewegung hochaktuell. Wir haben in unserem ureigenen Terrain ja nicht nur Konkurrenz durch Merkel bekommen, sondern auch durch die FDP, die jetzt ebenfalls Menschenrechtspartei werden will. Dem müssen wir inhaltlich begegnen. Vielleicht gibt es ja eine Diskussion, Bündnis 90 wieder größer zu schreiben – wenn wir unter Beweis gestellt haben, wie wichtig diese Traditionslinie der Partei ist.INTERVIEW: DANIEL SCHULZ