: In der Standespolitik mitmischen
■ Liste demokratischer Ärztinnen und Ärzte kandidiert für die Wahlen zur Bayerischen Landesärztekammer / Für sozial– und friedenspolitische Akzente in der konservativen Standespolitik / Gegen Pillen– und Gerätemedizin
Aus München Luitgard Koch
„Immer mehr Kollegen sind verärgert über diese Standespolitik, die angeblich in ihrem Namen, aber über ihre Köpfe hinweg gemacht wird“, begründete gestern die Münchner Ärztin Renate Jäckle den Entschluß, mit einer eigenen Liste bei den Wahlen zur Bayerischen Landesärztekammer anzutreten. Erstmalig kandidiert damit auch in Bayern ein Zusammenschluß Demokratischer Ärztinnen und Ärzte für die Standesorganisation, in der alle Mediziner zur Mitgliedschaft verpflichtet sind. „Als größten Skandal nach 45“, bezeichnete Renate Jäckle die Anzeigenkampagne der Elektrizätswirtschaft nach Tschernobyl mit einem Text des Präsidenten der Bundesärztekammer Vilmar, um das angeschlagene Image der Atomlobby aufzupolieren. Ärger mit ihrem Verband hatten die fortschrittlichen Mediziner, die sich in der Friedensbewegung engagieren, jedoch nicht zum ersten Mal. Während die Bundesärztekammer das geplante Zivilschutzgesetz unterstützt, lehnen die kandidierenden Ärzte, die zum Großteil der internationa len Vereinigung Ärzte gegen den Atomkrieg (IPNWW) angehören, diese „Militarisierung der Medizin“ ab. Nicht nur als Opposition sondern als Gruppe mit positiven Forderungen wollen sich die Mediziner jetzt in die konservative Politik der Standesvertretung einmischen. Neben der Kritik an der Atomenergie wenden sie sich auch gegen die Aushöhlung des § 218, gegen Pillen– und Gerätemedizin. In Hamburg war man bereits erfolgreich. Dort überrundete die Liste demokratischer Ärzte am vergangenen Wochenende den konservativen Ärzteverein „Marburger Bund“.
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