Geordneter Rückzug

■ Waffenruhe in Afghanistan

Daß die Vorschläge des afghanischen Partei– und Regierungschefs Nadschib zur nationalen Aussöhnung sehr weitgehend sind und Chancen für die Beendigung des Konflikts möglich erscheinen lassen, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten. Wer seinen Frieden mit Monarchisten, islamischen Fundamentalisten und dem bewaffneten Widerstand machen will, wer als Kommunist gar die kapitalistische Restauration betreibt, der hat die alten Ziele der „afghanischen Revolution“ aufgegeben. Zwei weitere Gründe haben zu diesem Vorschlag beigetragen. Selbst wenn man es im Westen immer noch nicht wahrhaben will, - die Sowjetunion will sich aus dem Krieg zurückziehen und übt entsprechend Druck auf das Kabuler Regime aus. So war der Personalwechsel von Karmal zu Nadschib der Beginn eines Rückzugs, bei dem es nur noch darum geht, die strategischen Interessen der UdSSR zu wahren. Der andere Grund ist die militärische Stärke Verbündeten erzielen können. So ist es allzu verständlich, wenn nun die Führer des Widerstands aus der Position der Stärke heraus Nadschib zunächst die kalte Schulter zeigen und auf Maximalforderungen für einen Friedensschluß beharren. Sie sollten den Bogen nicht überspannen. Wer wirklich Frieden und den Abzug der sowjetischen Truppen erlangen will, muß wohl die letzte Bedingung der UdSSR akzeptieren: der außenpolitische Kurs einer künftigen Regierung muß für die sowjetische Führung kalkulierbar bleiben. Gorbatschow hatte Mitte Dezember darauf hingewiesen, daß der Schlüssel für eine Lösung des Afghanistanproblems nun in Washington liege. Wenn dort an den geostrategischen Interessen der Sowjetunion nicht gerüttelt würde, könnte vielleicht doch noch der sowjetische Truppenrückzug und ein politischer Neubeginn in Afghanistan gelingen. Erich Rathfelder