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Grüne Euphorie dank Wahlergebnis

■ Trampert: Antwort auf Rechtsentwicklung und „verdreckte politische Kultur“ / Fraktion hat 44 Abgeordnete / Frauen in der Mehrheit / Auch die unsicheren Kandidat/inn/en erhielten ein Mandat

Aus Bonn Ursel Sieber

Geradezu euphorisch hat gestern der Bundesvorstand der Grünen zum Wahlergebnis Stellung genommen, obwohl das gute Abschneiden der FDP doch ein großer Wermutstropfen ist. Schließlich hätten viele Grüne ihre Partei gerne als drittstärkste Fraktion gesehen: Jutta Ditfurth sagte, das Ergebnis sei „ein Riesenerfolg gegen Resignation, Anpassung und Mutlosigkeit“. Rainer Trampert sah das grüne Ergebnis als „Antwort auf die verdreckte politische Kultur und die Rechtsentwicklung in der BRD“. Die CDU habe die BRD mit einem neuen politischen Nationalismus überzogen, die SPD habe eine „CDU–Nachtrabpolitik betrieben und vorgeführt, wer am besten die Nationalhymne singen kann“. Für die Zukunft sieht Trampert zwei Tendenzen: „Das Abbröckeln des konservativen Blocks“ und „die Ablösung der Sozialdemokratie durch die Grünen als Antwort auf den Konservatismus“. Nach dem guten Resultat werden bei den Grünen auch Männer und Frauen ihre Koffer für das Bonner Raumschiff packen müssen, die nie und nimmer mit einem künftigen Abgeordneten–Dasein gerechnet hatten. Knapp 7 Tip angegeben - und nun werden ganze 44 grüne Abgeordnete den Bundestag bevölkern, immerhin 16 mehr als vor vier Jahren. Aus Hamburg wird nicht nur Thomas Ebermann, sondern mit Regula Bott–Schmidt auch gleich eine zweite profilierte Ökosozialistin in den Bundestag einziehen. Auch die Abgeordneten der alten Fraktion, die einen unsicheren Listen platz besaßen, haben es geschafft: Petra Kelly, die seit 1983 Abgeordnete ist, sich der Rotation entzog und von der bayrischen Basis dennoch nominiert wurde, wird weitere vier Jahre Abgeordnete sein. Auch die Ökosozialistin Siggi Fries wäre nun für vier Jahre im Bundestag, wenn sie nicht aus Ärger über einen schlechten Platz in Bayern plötzlich nach Berlin gewechselt wäre. Unerwartet kann auch der jetztige Abgeordnete Ludger Volmer in Bonn bleiben, der im August letzten Jahres sein Amt als Fraktionssprecher niederlegte, aus Enttäuschung über seine Plazie rung auf der Landesliste NRW. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wird damit eine Parlamentsfraktion zu 56,8 Mittwoch soll die erste Frauensitzung stattfinden. Zwischen der realpolitisch orientierten Waltraud Schoppe und der Ökosozialistin Verena Krieger wird es sicher zum Streit kommen, wer das Gesicht der Frauenpolitik prägen wird. Die Frage ist auch, ob Mandatsträgerinnen einen gemeinsamen Nenner finden können, von denen sich wenige als Feministinnen begreifen, die sich vereinzelt vom Feminismus distanzieren und in der Mehrzahl über eine eher romantische Vorstellung von Frauenpolitik verfügen. Mit diesem Wahlergebnis ist der ökosozialistische Flügel zwar stärker geworden. Die Mehrheit der Fraktion wird jedoch eher der realpolitischen Strömung der Grünen zuzurechnen sein. Doch eine völlig neue Konfliktlinie ist zumindest für den Anfang vorprogrammiert: Die „Neuen“ könnten sich gegen die „alten Hasen“ verbünden. Und von einigen Neuen (Trude Unruh, Ulrich Briefs) wird befürchtet, daß sie nach ihrer eigenen Nase tanzen werden.

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