: KP Frankreichs gegen „Erneuerer“
■ Claude Poperen, letztes ZK–Mitglied mit kritischer Einstellung zur Parteilinie, zum Rücktritt gezwungen / Parteichef Marchais setzt sich gegen „Erneuerer“ durch
Aus Paris Georg Blume
Die Politik des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) kennzeichnet heute ein Begriff: die „Liquidation“. Knapp zwei Wochen ist es her, da beschuldigte Marchais die parteiinternen Kritiker des Zentralismus, die sogenannten „Erneuerer“, die Partei liquidieren zu wollen. Die Sitzung des KPF–Zentralkomitees am Montag und Dienstag nahm er nun zum Anlaß, die Fürsprecher der „Liquidateure“ im ZK endgültig zu liquidieren. Nicht ohne Erfolg. Am Montag abend legte das letzte Politbüromitglied, das der dogmatischen Parteilinie noch zu widerstehen suchte, Claude Poperen, in spektakulärer Art und Weise seine Ämter nieder. Claude Poperen trat erklärtermaßen aus politischen Gründen zurück: eine KPF–Premiere. Zuvor hatte das Zentralkomitee eine Anfrage des populärsten französischen Kommunisten, des ehemaligen Berufsbildungsministers Marcel Rigout, kühl zurückgewiesen, der verlangt hatte, den Begriff der „Liquidateure“ aus der Diskussion zu ziehen. Man formulierte: „Das Zentralkomitee ist weiterhin der Auffassung, daß die, die die neue Politik des 25. Parteitags (vom Februar 1985, G.B.) bekämpfen, um sie durch die alte Politik der Einheit mit der sozialistischen Partei zu ersetzen, davon träumen, die KPF in eine sozialdemokratische Part den siebziger Jahren gegenüber den Sozialisten, inkarniert in seiner Person den kommunistischen Widerstand in der Resistance. Poperen steht als ehemaliger Betriebsratschef bei Renault für die Verankerung der Partei im Arbeitermilieu. Mit ihnen sind es erstmals nicht die „Intellektuellen“, die die Parteiführung denunziert. Mit ihnen aber schwindet alle Hoffnung der „Erneuerer“, auf den Parteikurs Einfluß zu nehmen. Unter Pfiffen und Geschrei verteidigte Pierre Juquin, der profilierteste Erneuerer, vor dem Zentralkomitee seine kritischen „neuen Werte“ zur Ökologie und Abrüstung bei der „force de frappe“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen