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Sicherheitsrisiko Vobo–Treffen

■ Lübecker Senat verbietet Vobo–Treffen in staatlich geförderter Einrichtung / „Öffentliche Sicherheit unverhältnismäßig gefährdet“ / SPD–Enthaltung ermöglicht Entscheidung / Trotzdem morgen Treffen

Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Wer zum Boykott der Volkszählung auffordert, gefährdet die öffentliche Sicherheit und Ordnung, stellt sich außerhalb des Rahmens der freiheitlich demokratischen Grundordnung und kann daher nicht das Recht auf freie Meinungsäußerung für sich in Anspruch nehmen. Mit dieser Argumentation hat der Senat der Hansestadt Lübeck ein für morgen geplantes Treffen der Volkszählungsboykott–Initiative in den Räumen des Kultur– und Informationshauses „Zentrum“ verboten. Auf Antrag der CDU sollen laut Senatsbeschluß solche Treffen in dem nur zum Teil mit staatlichen Geldern unterstützen „Zentrum“ in der Mengstraße auch künftig untersagt werden. Möglich war dieser Verbotsbeschluß durch das Abstimmungsverhalten der SPD– Vertreter im Lübecker Senat geworden. Die Sozialdemokraten, die noch im letzten Sommer mit ihrem Antrag, sämtliche Vorbereitungen für die Volkszählung aus finanziellen Gründen zu stoppen, bundesweit Aufsehen erregt hatten, enthielten sich jetzt im Senat. Nur Jugendsenatorin Bauer stimmte gegen den CDU–Verbotsantrag. Bemerkenswert an dem Lübecker–Senatsbeschluß ist weniger, daß sich die Vobo–Initiative nun nach einem neuen Treffpunkt umschauen muß, sondern die Begründung für diese Entscheidung. Darin stützt sich die Lübecker CDU auf ein Rechtsgutachten, das die Hansestadt zu diesen Thema beim Rechtsamt in Auftrag gege ben hat. Dort kommt der Leiter Dr. Wenkebach zu der Einschätzung, „daß der Aufruf (...) zum Boykott der Volkszählung einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt“. Aus dem Rechtsstaatgebot des Grundgesetzes folge zwingend, daß „eine Meinungsäußerung unterbunden werden muß, wenn ihr Inhalt die öffentliche Sicherheit in unverhältnismäßiger Weise gefährdet“. Das Rechtsamt beruft sich in seiner Argumentation auf ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, der 1983 entschieden hatte, daß „Empfehlungen, geltende Rechtsnormen (Volkszählungsgesetz) nicht zu befolgen, sich nicht mehr im Rahmen der verfassungsmäßigen demokratischen Grundordnung halten. (...) Für sie kann das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht in Anspruch genommen werden.“ Die Lübecker Grünen sehen durch diesen Senatsbeschluß die Meinungsfreiheit bedroht. Sie weisen darauf hin, daß nach der Raumnutzungsverordnung Veranstaltungen nur dann verboten werden können, wenn sie von verbotenen Organisationen durchgeführt werden, oder wenn dort zu Straftaten aufgerufen wird. Selbst in der Logik der Volkszählungsbefürworter sind jedoch der Volkszählungsboykott und der Aufruf dazu bestenfalls Ordnungswidrigkeiten und keine Straftaten. Die Lübecker Volkszählungsboykott–Initiative will sich am morgigen Dienstag trotz des Verbots in der Diele des „Zentrums“ treffen.

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