: Resignierte grüne Staatsdiener
Wiesbaden (taz) - „Ich bin hier als Privatmann“, antwortete Joschka Fischer auf die Frage, ob sein Staatssekretär Karl Kerschgens vorläufig im Amt bleiben würde. Während der entlassene Umweltminister im Zimmergewirr des Grünen–Landtagstraktes von Gespräch zu Gespräch eilte, hielten seine engsten Mitarbeiter die Stellung im Ministerium. Als politische Beamte „zur Anstellung“ und als Angestellte können sie vorerst nicht entlassen werden. Roland Schaeffer, persönlicher Referent des Ex–Ministers, sieht auch keinen Grund, jetzt etwa „Dienst nach Vorschrift“ zu machen: „Ich bin Angestellter der hessischen Staatsverwaltung und versehe dementsprechend meinen Dienst.“ Tom Koenigs, Leiter des Ministerbüros, will dafür sorgen, daß der normale Gang der Dinge im „grünen“ Umweltministerium aufrechterhalten bleibt. Große Sprünge sind vom kommissarischen Ressortleiter, dem sozialdemokratischen Minister Clauss, schon per Ordre untersagt worden. „Nichts wichtiges“ dürfte mehr umternommen werden. Gleichwohl wird dem Sozialminister, der nun für acht Wochen auch noch für „Umwelt und Energie“ zuständig ist, nicht erspart bleiben, Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel, ob das von Fischer langfristig konzipierte Symposium „Chemiestandort Hes sen“ wie geplant am 6. März stattfinden kann. Unter den rund 200 Mitarbeitern des Ministeriums herrschen indessen „Wut, Trauer und Betroffenheit“. Sozialdemokratische Beamte auf Lebenszeit drohen zwischen Aufzug, Gang und Dienstzimmer lautstark mit der Rückgabe ihres Parteibuches; Sekretärinnen und Fachreferenten brachen in Tränen aus, als sie vom Ende der Koalition erfuhren. Auf einer eiligst einberufenen Personalversammlung am Montag - kurz vor der Entlassung - gab es großen Beifall für „den Minister“. In der Trauer über den umheimlich schnellen Abgang des Joschka Fischer zeigt sich auch, daß neben den Themen Plutonium, Atomenergie, Giftmüll und Bio–Tonne, die von ihm im Gegensatz zu allen Ressort–Vorgängern forciert wurden, auch noch ein Stück anderer politischer Kulktur eine Rolle gespielt hat. Und das lag beileibe nicht nur an Turnschuh und Beinkleidordnung. Viele fürchten, daß der nächste Umweltminister - womöglich ein CDU–Saubermann - die Fachreferenten für Wasserwirtschaft mit ihren Problemen und Lösungen wieder allein lassen wird. Jenseits von Sentimentalität wird Qualität erkennbar: Es geht auch um eine „andere Politik“ in der Regierungsbürokratie. Reinhard Mohr
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