: Reagans „Mitleid“ ermöglichte Irangate
■ Reaktionen auf Tower–Bericht: Reagan wird Führungssschwäche vorgeworfen / Ergebnisse seien „demütigend“ und „belastend“ für die USA
Washington (ap/afp) - Republikanische wie demokratische Politiker sind nach der Vorlage des Berichts der Tower–Kommission über die Iranaffäre mit dem Führungsstil Reagans hart ins Gericht gegangen. Der Demokrat David Boren, der dem Geheimdienstausschuß des US–Senats vorsteht, sprach von einer Politik, die aus dem Ruder gelaufen sei. Der Führer der Republikaner im Senat, Bob Dole, sprach von „kolossalen Fehlern“, die in der Waffenlieferungs gemacht worden seien. Der mit Spannung erwartete 300 Seiten starke Bericht wurde von den US–Tageszeitungen New York Times und Washington Post als „aufrichtig“ bezeichnet. Seine Ergebnisse seien indessen „demütigend“ und „belastend“ für die Nation. Beide Zeitungen unterstrichen die in der Affäre offengelegte Führungsschwäche des Präsidenten, der laut Tower–Bericht einigen Mitarbeitern völlig freie Hand ließ, mit israelischer Hilfe im Austausch gegen Geiselfreilassungen Waffen an den Iran zu verkaufen und die Contras mit den gewonnenen Geldern zu unterstützen. Reagans persönlicher Führungsstil offenbare in dieser Affäre „einen vernichtenden Mangel an Aufmerksamkeit, Kontrolle, Interesse und Führungskraft“, hieß es in der New York Times. Die beiden führenden Zeitungen schlossen sich jedoch der Ansicht der Tower–Kommission an, daß Reagan die Wahrheit gesagt habe, als er erklärte, er sei über die Umleitung von Geldern an die Contra nicht informiert gewesen. Dem Bericht zufolge ließ sich der Präsident von seinem „Mitleid“ für die amerikanischen Geiseln im Libanon leiten, als er in geheime Aktionen einwilligte, die im Widerspruch zur offiziellen Antiterrorpolitik seiner Regierung standen. Fortsetzung Seite 6 Kommentar Seite 4 Andererseits habe es nichts mit Mitleid zu tun, wenn Reagan die Bemühungen seines Mitarbeiters North, private Unterstützung an die Contras zu organisieren, zu einer Zeit unterstützt habe, zu der der Kongreß Militärhilfe verboten hatte. Nach Ansicht der New York Times reicht ein Abtritt des im Kreuzfeuer der Kritik stehenden Stabschefs Regan allein nicht aus. „Der Präsident muß sehr viel weiter gehen, als er es bisher getan hat, indem er die Verantwortung für eine Außenpolitik übernimmt, die sich als katastrophal erwiesen hat“, hieß es in dem Kommentar des Blattes. Auf der Suche nach einem neuen Stabschef, der den von der Tower–Kommission harsch kritisierten Donald Regan ersetzen soll, hat sich Präsident Reagan bereits Absagen geholt. Ebenso wie der Ex–Verkehrsminister Lewis lehnte auch der ehemalige republikanische Senator Paul Laxalt, ein enger Vertrauter des Präsidenten, das Angebot ab. Laxalt, der seine Ambitionen für die kommenden Präsidentenwahlen nicht verhehlt, meinte, es sei der Regierung wenig nützlich, wenn er das Amt annehme, es dann aber nur einige Monate ausübe. Es wurden außerdem Stimmen laut, die Robert Gates als neuen Chef der CIA für ungeeignet halten und die Bestätigung seiner Nominierung durch den Senat zumindest verzögern wollen, da er als Vize– Chef des CIA ebenfalls in die Affäre verwickelt ist.
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