: Irland: Belegschaft gibt Streikrecht auf
■ Packard drohte mit Schließung / Das Automobilunternehmen setzt alle Forderungen durch
Aus Dublin Ralf Sotscheck
Die irischen Arbeiter und Angestellten der multinationalen Elektrofirma Packard haben in der letzten Woche ihr Streikrecht aufgegeben, um 1.100 Arbeitsplätze im Zweigwerk in Dublin zu retten. Mit der knappen Mehrheit von 16 Stimmen beschloß die Belegschaft, der erpresserischen Forderung der Firmenleitung nachzugeben. Immer mehr Unternehmen nutzen die katastrophale irische Wirtschaftslage aus, um längst erkämpfte Rechte und Tarife außer Kraft zu setzen. Bei einer täglich steigenden Arbeitslosenzahl - sie liegt derzeit bei 20 Prozent - löst die Drohung einer Firmenschließung Panik aus. So lassen sich fast mühelos höhere Produktivität bei gleichbleibendem Lohn oder Lohnausfall bei Krankheit durchsetzen. Im Fall Packard ist es allerdings das erste Mal, daß eine Belegschaft in Irland auf ihr Streikrecht verzichtet hat. Packard ist ein Tochterunternehmen des US–amerikanischen Auto–Multis General Motors. Packard in Dublin stellt die Kanäle für die Autoelektrik her. Bereits vor 15 Monaten hatte die Firmenleitung die Forderungen nach Lohnerhöhung mit einem 14–Punkte–Plan gekontert, von dessen Erfüllung sie etwaige Lohnverhandlungen abhängig machte. Sämtliche Punkte seien „für die Vertrauensbildung zwischen Firma und Kundschaft unerläßlich“. Die 14 Punkte umfassen u.a. eine Steigerung der Produktivität bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung sowie eine mindestens zweijährige Streikpause. Die Unnachgiebigkeit der Firmenleitung führte schließlich vor vier Wochen zum Streik. Ein „persönlicher Brief“ des Direktors an die Belegschaft bekräftigte in der letzten Woche noch einmal die Drohung, Packard in Irland zu schließen. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust bewog die Mehrheit der Belegschaft, für eine Beendigung des Streiks und die Annahme des 14–Punkte– Plans zu stimmen. Die Dubliner Stadtverwaltung, mit der immer länger werdenden Arbeitslosenschlange vor Augen, hatte für die entscheidende Versammlung Sonderbusse zur Verfügung gestellt. Frances OHanlon vom Streikkomitee war nach der Abstimmung konsterniert: „Das war ein völlig neuartiger Streik. Bisher haben wir für bestimmte Forderungen gestreikt, bekamen die Hälfte erfüllt und sind wieder zur Arbeit gegangen. Diesmal gehen wir erst wieder zur Arbeit, nachdem die Firmenleitung all ihre Forderungen durchgesetzt hat.“
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