: CDU–Kritik an eigener Asylpolitik
■ CDU–Abgeordnete plädieren für „ethisch verantwortbare Flüchtlingspolitik“ / Asylmißbrauch und Flüchtlings“fluten“ werden bestritten / Kritik an Bundesinnenminister Zimmermann
Bonn (ap/dpa) - Mit einem Plädoyer für eine „offensive, rationale und ethisch verantwortbare Flüchtlingspolitik“ und offener Kritik an der von Innenminister Friedrich Zimmermann (CSU) verantworteten Asylpolitik der Bundesregierung hat sich eine Gruppe von CDU–Bundestagsabgeordneten an die Öffentlichkeit gewandt. In dem am Donnerstag in Bonn der Presse vorgestellten Papier wird dem Bundesinnenministerium unter anderem vorgeworfen, in der Diskussion über die angeblich erreichten Grenzen der Belastbarkeit durch Flüchtlinge die deutschen Flüchtlingszahlen durch Verwendung unterschiedlicher Kriterien realitäts widrig aufzubauschen und um 200.000 bis 300.000 zu hoch anzugeben. Das Diskussionspapier, zu dem bereits positive Stellungnahmen von Kirchen und caritativen Einrichtungen vorliegen, ist von den den CDU–Sozialausschüssen zugerechneten Abgeordneten Editha Limbach, Alfons Müller, Werner Schreiber, Alois Graf Waldburg–Zeil und dem Bundesvorsitzenden der Jungen Union, Christoph Böhr, unterzeichnet. Die Unionspolitiker widersprechen zunächst einmal der offiziellen These von der angeblich drohenden Überflutung der Bundesrepublik durch Wirtschaftsflüchtlinge. Die meisten kämen wegen akuter Gefahr für Leib und Leben durch Verfolgung durch staatliche Behörden, durch Krieg oder kriegerische Wirren. In dem Papier wird deshalb die Aufhebung der Visumspflicht für Flüchtlinge aus Ländern mit schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gefordert. Auch wenn nur eine Minderheit als politische Flüchtlinge anerkannt würden, sei doch unbestreitbar, daß von einem „massenhaften Mißbrauch“ des Asylrechts in der Bundesrepublik keine Rede sein könne. Die Gesamtzahlen der in der Bundesrepublik aufgenommenen Flüchtlinge lägen, bezogen auf die Bevölkerungszahl, nicht über, sondern unter dem Durchschnitt der meisten vergleichbaren europäischen Länder, heißt es in dem Papier weiter. Auch die Höhe der Neuzugänge an Asylbewerbern könne mit netto 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung pro Jahr nicht als bedrohlich angesehen werden. Die Unionsabgeordneten stellen klar, daß jeder Asylbewerber in der Bundesrepublik unabhängig von Fluchtmotiven, Rechtsstellung und Aufenthaltsdauer Anspruch auf menschenwürdige Behandlung habe. Wenn das Grundrecht auf Asyl einen Sinn haben solle, müssejeder politische Flüchtling eine Chance haben, die Grenzen der Bundesrepublik zu erreichen. Das Papier fordert auch eine drastische Verkürzung des Anerkennungsverfahrens. Unterbringung in Sammelunterkünften dürfe höchstens sechs Monate vorgeschrieben werden. Während der Zeit, in der Flüchtlinge Sozialhilfe erhalten, sollen sie im Rahmen gemeinschaftsdienlicher Arbeiten mitarbeiten. Für die Zeit des Arbeitsverbots sollen Sprach– und andere Kurse angeboten werden. Das Arbeitsverbot von bisher fünf Jahren sollte auf maximal zwölf Monate verkürzt werden.
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