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Europaweite Volkszählung geplant

■ Richtlinienentwurf einer Kommission der Europäischen Gemeinschaft sieht Volkszählung in sämtlichen EG–Mitgliedsstaaten für 1991 vor / Durchsetzungsprobleme in der Bundesrepublik und den Niederlanden werden von Sachverständigen angenommen

Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Wie aus einem jetzt bekannt gewordenen Richtlinienentwurf der Kommission der Europäischen Gemeinschaft hervorgeht, soll in sämtlichen Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft 1991 eine Volkszählung nach einem einheitlichen Fragen– und Tabellenprogramm stattfinden. In dem am 23.12.86 einstimmig von den Sachverständigen aller EG–Mitgliedsländer gebilligten Entwurf heißt es u.a.: „Damit Volkszählungsdaten für die Kommission von Wert sind, ist ein zwischen Mitgliedsstaaten vergleichbares Format erforderlich“. Brisant an diesem Entwurf für die Diskussion in der Bundesrepublik: die Sachverständigen gehen offenbar davon aus, daß in der BRD eine solche Zählung nicht durchführbar sei. So schreiben die Verfasser des Richtlinien–Entwurfs rückblickend auf die EG– weite Volkszählung, die schon für 1981 geplant war: „Es erwies sich sowohl in der Bundesrepublik als auch in den Niederlanden als unmöglich, die allgemeine Volkszählung durchzuführen.“ In den Niederlanden war die letzte Volkszählung nach massivem Einspruch der Bevölkerung abgeblasen worden und auch für die BRD kommt die EG–Linie nicht wie bei Frankreich und Italien zu dem Urteil „verschoben“, sondern „nichtdurchführbar“. Für die geplante Zählung 1991 wurde daher extra ein Passus aufgenommen, „daß Staaten, die nicht in der Lage sind, eine herkömmliche Volkszählung durchzuführen, die Möglichkeit geboten wird, das Programmmaterial aus anderen Quellen - insbesondere Stichprobenerhebungen und Bevölkerungsregistern - abzuleiten.“ Im Absatz 2 der Begründung für die europaweite Volkszählung spricht der Richtlinien– Entwurf, der auch von den Vertretern der BRD gebilligt wurde, von Volkszählungen, „sofern dies in Anbetracht der veränderten Lage hinsichtlich der Methode der Volkszählungen in einigen Mitgliedsstaaten (...) möglich ist.“ Neben diesem EG–Richtlinien– Entwurf liefert auch der Haushaltsplan für 1987 Indizien dafür, daß die Regierungsverantwortlichen in der BRD selber davon ausgehen, daß die Volkszählung 87 die letzte sein wird. Erstmals weist der Haushalt über 3 Mio. Mark für Forschungsarbeiten aus, die nach Alternativen zur Volkszählung suchen sollen.

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