D O K U M E N T A T I O N „Dazu können wir nicht mehr ja sagen“

■ Eine Erklärung der „Initiative Kirchentag von unten“ erhebt massive Vorwürfe gegen die „Kirchenbürokratie“

Als die Vorbereitung des Berliner Kirchentages vor zwei Jahren begann, deklarierten ihn die Organisatoren als Kirchentag von unten. Schon bei dem ersten Treffen der Vorbereitungsrunde wurde klar, daß sowohl die Gemeindezentren als auch die dort geplante Thematik vorprogrammiert waren. Weder war eine Friedenswerkstatt vorgesehen (die jedes Jahr zu dieser Zeit stattfand), noch waren die uns existentiell betreffenden und in sich zusammenhängenden Themen Frieden, Ökologie, Zweite/Dritte Welt und Frauenemanzipation für ein gemeinsames Zentrum geplant. Die Problemkreise wurden aufgeteilt, zersplittert, selektiv behandelt und an den Rand gedrängt. Die Basis wurde zu Statisten deklassiert, die durch ihre Arbeit den vorgegebenen Rahmen in christlich geübter Unterwürfigkeit auszufüllen haben. Viele von uns stiegen aus: „Sollen die Bonzen ihr Spektakel allein machen.“ Statt die von uns geübte Toleranz anzuerkennen, wurde die Kirchenbürokratie offensiv in ihren Versuchen, die Basisinitiativen abzuwürgen. (...) Alle überregionalen Basisinitiativen wurden kirchenbürokratisch zu kontrollieren oder gleich ganz zu verhindern versucht. Wir meinen, daß wir viel zu lange nur sach– und themenbezogen gearbeitet haben, immer wieder unsere Anliegen rechtfertigen mußten, sehr tolerant mit der Kirchenbürokratie umgegangen sind und sie ihre Suppe löffeln lassen haben. Wie sieht die Vorbereitung des Kirchentages von oben inzwischen aus? Die Zahl der Anmeldungen liegt weit unter den offizielen Erwartungen der Kirche. Seit einigen Tagen gibt das Kirchentagsbüro keine Zahlen über den Stand der Anmeldungen mehr heraus. Die Mitarbeiter haben „Urlaubs– und Ausgangssperre“ während der Zeit des Kirchentages, werden dazu dienstverpflichtet, müssen Quartiere stellen und sollen darüber hinaus auch noch die 40 M Tagesbeitrag zahlen. Eine Kirche, die immer vom Frieden redet, militarisiert ihre Mitarbeiter. So wie die Kirche seit Jahren über ihre Verhältnisse lebt (dank reichlich fließenden Westgeldes), soll es ein Kirchentag westlichen Musters werden. (...) Unsere Dauerwestvisabesitzer leben schon zu sehr in der Welt, aus der sie ihr Geld beziehen. Dazu können wir nicht mehr ja sagen. Das können wir nicht mehr schweigend tolerieren. Während des Kirchentages werden wir ein Zeichen setzen, indem wir eines der Kirchenzentren besetzen und einen Kirchentag von unten gestalten. (...) Wir möchten allen, die an der Kirche, so wie sie ist, leiden, Mut machen, mitzudenken, mitzuhandeln, sich zu solidarisieren. Wir suchen das Gespräch mit den Gemeindemitgliedern über die für die Glaubwürdigkeit unseres Christseins wichtigen Fragen. Der Kirchentag von unten soll kein einmaliges Spektakel werden, um uns abzureagieren. Wir hoffen auf eine Bewegung der Kirche von unten, einer Kirche, die sich solidarisch verhält zu den Menschen, die keine Repräsentationsobjekte wie den Berliner Dom für 80 Millionen Mark braucht, die sich besinnt und umkehrt zu Jesus von Nazareth, dem Menschensohn. Initiative Kirchentag von unten (natürlich wie immer nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch).