: Was tun, wenn der Zähler weg ist?
■ In vielen Büchern, Broschüren und Flugblättern und taz–Ausgaben haben sie schon gestanden, trotzdem auf vielfachen Wunsch noch einmal rechtliche Tips zur Volkszählung
Nach Angaben der Statistischen Landesämter werden 40 Prozent, und nicht wie erwartet 20 Prozent aller Befragten ihre Bögen per Post an die Erhebungsstellen (oder anderswohin) zurückschicken. Wer seinen Bogen an eine der Altpapier–Sammelstellen gibt, dem passiert vorläufig gar nix. Denn wenn der Zähler den Zettel nicht ausgefüllt zurückerhält, wird er je nach politischer Bildung, Finanzlage und Charakter irgendwann sein Glück ein zweites oder drittes Mal versuchen. Ist der Zähler die Fragebögen an der Wohnungstür zwar losgeworden, aber die ausgefüllten Bögen kommen nicht innerhalb einer Woche (§13 IV) bei der Behörde an, dann wird erst mal mit Mahnschreiben reagiert. Wer dem Zähler deutlich zu verstehen gibt, daß er boykottieren will, wird der Erhebungsstelle gemeldet und muß relativ schnell mit der Androhung eines Zwangsgeldes rechnen. Der Versuch, die gewünschten Auskünfte zunächst per Mahnschreiben einzutreiben, scheint in den Bundesländern einheitlich gehandhabt zu werden. Kommt auf die Mahnung keine Reaktion oder gehen unvollständig oder unrichtig ausgefüllte Fragebögen ein, kann es ernster werden. Man/frau erhält eine Aufforderung, bis zu einem bestimmten Termin der Auskunftspflicht nachzukommen, sonst könne ein Zwangs– oder Bußgeld verhängt werden. Vor Ende Juni ist mit entsprechenden Schreiben kaum zu rechnen. Bis dahin kann man getrost abwarten. Sollte der Postbote mit der Zustel lung des Drohbriefes kommen, dann haben in Hamburg, Hessen und Schleswig–Holstein die Sommerferien begonnen, in Bayern gehen die Pfingstferien gerade zu Ende. Aus den Drohungen kann erst mal kein Ernst werden, denn es gibt keine Verpflichtung, die Ferien wegen der Volkszählung zu verschieben oder zu Hause zu hocken. Sollten alle Mahnschreiben nichts fruchten, können die Behörden eventuell Zwangsgelder verhängen, um das Ausfüllen der Bögen zu erreichen. Bisher hat noch kein Bundesland öffentlich von dieser Drohung Abstand genommen. Gesetzlich möglich sind bis zu 2.000 DM, realistisch 100 bis 200 DM. Entsprechende Zahlen nannte zum Beispiel das Statistische Landesamt Hamburg. Gegen das per Urkunde zugestellte Schreiben sollte man zügig Widerspruch einlegen. Begründung: Der Bogen sei abgeschickt worden, oder aber wegen Krankheit oder Unkenntnis sei man noch nicht dazu gekommen, ihn abzuschicken. Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung; wird ihm nicht stattgegeben, kann man dagegen vor dem Verwaltungsgericht ohne Rechtsanwalt und mit wenig Geld klagen. Verstreicht der in der Zwangsgeldandrohung festgesetzte Termin, ohne daß ein ausgefüllter Fragebogen eingegangen ist, kann das Zwangsgeld festgesetzt werden. Dagegen sind wiederum ein Widerspruch und eine Klage möglich. Hinfällig wird die Vollstreckung des Zwangsgeldes, wenn die Fragebögen ausgefüllt abgeschickt werden oder die Volkszählung 87 abgeschlossen ist. Wann letzteres sein wird, darüber schweigen die Behörden. Vorgesehen ist allerdings im Gesetz, daß sechs Wochen nach dem Stichtag (25.Mai) die Behörde selbst Fragebögen ersatzweise ausfüllen kann mit Daten aus dem Melderegister. Ob die Behörden versuchen werden, zusätzlich zu Zwangsgeldern auch Bußgelder zu verhängen, ist umstritten. So erklärte der Leiter des Statistischen Landesamtes von Hamburg, Erhard Hruschka, diese Woche: „Hamburg arbeitet nicht mit Bußgeld - das haben wir in der Statistik in den letzten zehn Jahren nicht gemacht.“ Der Streit um die Übernahme von Vobo– Verfahrenskosten durch Rechtsschutzve seien. Wer gegen Ordnungswidrigkeit dieser Art versichert ist und den Fragebogen nur (versehentlich) falsch ausgefüllt hat, hat gute Chancen, Rechtsschutz zu erhalten. Genaue Rechtsinformationen gibt auch die von der Hummanistischen Union und dem Republikanischen Anwältinnen– und Anwaltsverein herausgegebene „Rechtsschutzfibel“. Erschienen im Elefantenpress Verlag, 48 S., 4 DM.
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